Totale Vereisung der Erde

 

Löste eine starke Abnahme des CO₂-Gehalts die totale Vereisung der Erde aus?

Die Vorstellung einer komplett vereisten Erde, bekannt als „Snowball Earth“, hat die Wissenschaftsgemeinde seit Jahrzehnten fasziniert. Neue Beweise bestätigen nun, dass unser Planet vor Hunderten Millionen Jahren tatsächlich von einer umfassenden Eisschicht bedeckt war – bis hin zum Äquator. Eine Studie unter der Leitung der Universität von Colorado wirft neues Licht auf diese extreme Epoche der Erdgeschichte und beleuchtet den möglichen Einfluss von CO₂ als Auslöser.

Die Erde als Eisplanet: Ein wissenschaftlicher Durchbruch

Die Snowball-Earth-Theorie besagt, dass die Erde vor etwa 720 bis 635 Millionen Jahren fast vollständig von Gletschern bedeckt war. Jüngste Untersuchungen, basierend auf den sogenannten Tava-Sandsteinen in den Rocky Mountains, haben diese Hypothese weiter gestützt. Mithilfe modernster Laserablation-Massenspektrometrie datierte ein Team von Geologen die Gesteinsformationen und fand heraus, dass sie unter massiven Gletschern vergraben waren – ein klares Indiz für eine globale Vereisung.

„Unsere Studie liefert den ersten physischen Beweis dafür, dass Gletscher sogar bis zum Äquator reichten“, erklärte Liam Courtney-Davies, Hauptautor der Studie. Diese neuen Erkenntnisse unterstützen die These, dass extreme klimatische Bedingungen die Erde zu einem „Schneeball“ formten.

CO₂ als Schlüssel zur totalen Eiszeit?

Der genaue Auslöser der globalen Vereisung bleibt unklar. Wissenschaftler vermuten jedoch, dass ein starker Rückgang des atmosphärischen CO₂-Gehalts eine entscheidende Rolle gespielt haben könnte. Der sinkende CO₂-Wert reduzierte die Treibhauswirkung, wodurch sich die Erde drastisch abkühlte. Dieser Prozess wurde durch den sogenannten Albedo-Effekt verstärkt: Die zunehmende Eisbedeckung reflektierte immer mehr Sonnenlicht ins All, was die Abkühlung weiter beschleunigte.

Zusätzlich könnten plattentektonische Bewegungen, die die Lage der Kontinente veränderten, den Klimawandel begünstigt haben. Die weiträumige Absenkung von Temperaturen führte schließlich dazu, dass die Gletscher bis in die Tropen vordrangen.

Vom Eis zur Evolution: Wie Vulkane die Erde wieder auftauten

Die eisige Ära endete vermutlich durch massive Vulkanausbrüche, die große Mengen CO₂ in die Atmosphäre freisetzten. Dieser Anstieg von Treibhausgasen erzeugte genug Wärme, um das globale Eis zu schmelzen. Diese klimatische Wende könnte ein entscheidender Katalysator für die Entwicklung des Lebens gewesen sein. Die drastischen Veränderungen zwangen die Lebewesen, sich anzupassen, was möglicherweise evolutionäre Sprünge auslöste und den Aufstieg komplexer, vielzelliger Organismen begünstigte.

Neue Erkenntnisse über die Tava-Sandsteine

Die Untersuchung der Tava-Sandsteine offenbarte, dass diese Gesteinsformationen während der Snowball-Earth-Epoche unter Gletschern begraben waren. Der immense Druck der Gletscher hinterließ deutliche Spuren in den Felsen. Die Forscher vermuten, dass ähnliche geologische Strukturen auch in anderen Teilen Nordamerikas existieren könnten. Künftige Studien sollen diesen Hinweisen nachgehen und die bisher gewonnenen Erkenntnisse weiter vertiefen.

Eine Ära der Extreme

Die globale Vereisung der Erde ist ein bemerkenswertes Kapitel der Erdgeschichte. Sie zeigt, wie empfindlich das Klimasystem auf Veränderungen reagiert. Während CO₂-Reduktionen heute als Lösung gegen die Erderwärmung gelten, beweist die Vergangenheit, dass ein zu niedriger CO₂-Gehalt ebenfalls katastrophale Folgen haben kann. Die Erforschung dieser Epochen bietet nicht nur Einblicke in die Vergangenheit, sondern auch wichtige Lektionen für die Gegenwart und Zukunft unseres Planeten.

Blick ins Buch im BoD-Shop: