Ein Angriff auf Technik und Vernunft?
Ein schockierender Vorstoß
Die EU steht vor einer Entscheidung von epochaler Tragweite: Millionen Diesel- und Benzinfahrzeuge könnten durch ein baldiges Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) praktisch für illegal erklärt werden. Generalanwalt Athanasios Rantos stellte kürzlich die Weichen für ein Urteil, das die Rechtmäßigkeit von Fahrzeugen mit Emissionswerten, die lediglich auf Prüfständen nach dem NEFZ-Fahrzyklus getestet wurden, infrage stellt. Seine Forderung: Auch im realen Fahrbetrieb müssen diese Fahrzeuge die strengen Grenzwerte einhalten. Eine Forderung, die viele Experten als völlig realitätsfremd kritisieren.
Die Tragweite des Urteils
Sollte der EuGH der Einschätzung Rantos folgen, könnte dies die Stilllegung von bis zu 200 Millionen Fahrzeugen in der EU bedeuten – darunter auch Benziner. Fahrzeuge, die zwischen 2009 und 2017 nach den damaligen EURO-5- und EURO-6c-Normen zugelassen wurden, stünden dann im Fokus. Diese Fahrzeuge entsprechen den damals geltenden Vorschriften, doch nach Ansicht von Rantos müssen sie heute Standards erfüllen, die erst ab 2017 verbindlich wurden. Experten wie Professor Thomas Koch vom KIT Karlsruhe sprechen von einem „kompletten Realitätsverlust“ und einer „missachteten Dekade technologischer Entwicklung“.
Rückblick: Wie es soweit kam
Die EU-Emissionsgesetzgebung der Jahre 2007 bis 2017 basierte auf Labortests nach dem NEFZ-Zyklus – einer Messmethode, die damals den Stand der Technik widerspiegelte. Auch wenn bekannt war, dass diese Tests den Realbetrieb nicht exakt abbilden, wurde die Methode akzeptiert, da die notwendige portable Messtechnik schlichtweg nicht verfügbar war. Erst 2017 konnte mit der Einführung des RDE-Tests ein realitätsnaher Standard etabliert werden.
Kein akuter Handlungsbedarf
Die Luftqualität hat sich in den letzten Jahren signifikant verbessert. Am Stuttgarter Neckartor, einem Brennpunkt der Debatte, sank der NOx-Wert von 80 auf 15 Mikrogramm pro Kubikmeter. Gleichzeitig zeigt sich, dass Emissionen aus Gebäuden – etwa durch Gasthermen – oft höher sind als jene der modernen Fahrzeugflotten. Koch stellt die Frage nach der Verhältnismäßigkeit: „Warum wird ein alter Euro-5-Diesel ins Visier genommen, wenn dessen Beitrag zur Luftverschmutzung marginal ist?“
Gefahr für die Marktwirtschaft
Sollte das Urteil des EuGH tatsächlich den Empfehlungen von Generalanwalt Rantos folgen, würde dies nicht nur Millionen Autofahrer treffen, sondern auch die technologische und wirtschaftliche Basis der EU infrage stellen. Koch warnt: „Eine solch willkürliche Entscheidung wäre ein Frontalangriff auf unsere Industrie und den technischen Fortschritt.“
Fazit: Ein Weckruf an die Vernunft
Der Antrag des Generalanwalts könnte das Vertrauen in die europäischen Institutionen und ihre Gesetzgebungsprozesse massiv erschüttern. Es bleibt zu hoffen, dass die Richter des EuGH die Tragweite dieser Entscheidung erkennen und Vernunft walten lassen. Andernfalls droht nicht weniger als ein technisches und wirtschaftliches Fiasko.
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