Der Glaube an Hexerei ist weitverbreitet – und kann die Gesellschaft schwer beschädigen. Dies zeigt eine neue Datenanalyse von Entwicklungsökonom Boris Gershman von der American University in Washington, D.C..
Der Glaube an schwarze Magie ist in den Subsahara-Ländern ein großes Problem, weil er das allgemeine Misstrauen und den Zusammenhalt in den Gemeinschaften negativ beeinflusst, was wiederum Gift für die Volkswirtschaft ist. Boris Gershman, Entwicklungsökonom an der American University in Washington, D.C., hat die Effekte, die der Hexenglaube auf die Menschen und ihr Verhalten hat – und damit auf das soziale Kapital hin, erforscht. Im Jahr 2016 veröffentlichte Gershman eine Studie in der Zeitschrift Journal of Delevopment Economics, für die er untersuchte, wie der Glaube an schwarze Magie das Sozialkapital in 19 Subsahara-Ländern beeinflusst. Je stärker der Glaube an Hexerei in den Gemeinschaften verankert ist, desto größer ist das allgemeine Misstrauen und desto geringer der Zusammenhalt. Das ist nicht nur Gift für die Volkswirtschaft, sondern auch für das gesellschaftliche Leben.
Das Problem: Ethnographische Fallstudien zum Hexenglauben gibt es viele, doch aussagekräftige statistische Daten – insbesondere auf globaler Ebene – fehlten bisher. Für die ökonomische Betrachtung des Themas wertete Gershman deshalb Daten aus sechs Umfragen aus, die das Pew Research Center (PRC) zwischen den Jahren 2008 und 2017 unter insgesamt 140.000 Menschen in 95 Ländern durchgeführt hat. Die Ergebnisse seiner Analyse sind in der Zeitschrift PLOS ONE erschienen und liefern interessante Einblicke in die Verbreitung des Hexenglaubens in der modernen Welt und seinen Einfluss auf das soziale Kapital.
Die auf Basis des umfangreichen Datensatzes erstellten Auswertungen zeigen, dass weltweit etwa die Hälfte der Erwachsenen an Hexerei glauben. Betrachtet man jedoch einzelne Länder, schwankt dieser Wert enorm. Während in Tunesien fast 90 Prozent der Befragten angaben, an Hexerei zu glauben, waren es in Schweden und Dänemark nur neun Prozent. Auch Deutschland erreicht mit 13 Prozent im weltweiten Vergleich einen eher niedrigen Wert.
Hexenglaube ist um bis zu sieben Prozent wahrscheinlicher, wenn Menschen niedriges Bildungsniveau und geringe wirtschaftliche Mittel haben. Auch Religion spielt eine Rolle. Menschen, die an einen Gott glauben, neigen unabhängig von ihrer Konfession eher dazu, an Hexerei zu glauben. Der Glaube an Hexerei ist in Ländern mit schwachen Institutionen, Korruption und schlechter Regierungsführung besonders stark verbreitet. Gleichzeitig ist die Lebenszufriedenheit der Bevölkerung in diesen Ländern auffällig gering.
Durch den Hexenglauben ist es unmöglich, Kreativität zu entfachen und damit Innovationen oder unternehmerische Kultur zu fördern. Außerdem wird das Vertrauen in andere Menschen verringert, was wiederum den Geschäftsbeziehungen schadet. Auf persönlicher Ebene hat der Hexenglaube den stärksten negativen Einfluss: Er führt zu einem allgemeinen Misstrauensklima und sozialer Kälte. In Ländern mit viel Hexenglauben wird pro Kopf weniger Blut gespendet und Fremden in Not seltener geholfen.
Der Schaden, den der Glaube an Hexerei anrichtet, ist bedeutend. Verbote von Hexenverfolgung und -prozessen haben in den betroffenen Ländern nicht funktioniert, weil der Glaube blieb. Gershman zufolge muss man dem Hexenglauben die Grundlage entziehen, um ihn zu bekämpfen. Zum Beispiel, indem für funktionierende Institutionen gesorgt wird und dafür, dass die Bevölkerung sich vor negativen Schocks geschützt fühlt. Diese und ähnliche Erkenntnisse aus der Analyse, könnten dabei helfen, Richtlinien und Entwicklungsprojekte in Hinblick auf lokalen Hexenglauben zu optimieren und das soziale Kapital und den damit verbundenen wirtschaftlichen Wohlstand zu sichern.