Im Schatten der massiven Eismassen Grönlands verbirgt sich eine vergangene Geschichte von erstaunlicher Wärme und grüner Pracht. Über Jahrzehnte hinweg haben Forscher angenommen, dass die Gletscher Grönlands über die letzten 2,5 Millionen Jahre nahezu unverändert geblieben sind. Neue bahnbrechende Forschungsergebnisse, die in der renommierten Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht wurden, widerlegen diese Annahme und zeigen, dass große Teile der Insel vor etwa 416.000 Jahren noch in einem Zustand waren, der von Moosen, Sträuchern und möglicherweise sogar Bäumen sowie Mammuts geprägt war.
Die Grundlage dieser Untersuchungen bildet eine Bodenprobe aus einer äußerst ungewöhnlichen Quelle: Während des Kalten Krieges verfolgten die Vereinigten Staaten das geheime Projekt „Iceworm“, bei dem sie Atomraketen im Nordwesten Grönlands unter dem Eis verbergen wollten. Bei diesem Unterfangen stießen sie auf eine wichtige Erkenntnis – der Gletscher erwies sich als zu fragil für solche Pläne, was zur Einstellung des Projekts führte. Die Tunnel, die damals für das Projekt angelegt wurden, sind längst eingestürzt, doch der dabei entdeckte Eiskern wurde über Jahrzehnte hinweg in einem dänischen Gefrierfach aufbewahrt und geriet in Vergessenheit, bis er vor fünf Jahren von Forschern wiederentdeckt wurde.
Diese einzigartige Zeitkapsel birgt faszinierende Informationen über Grönlands Vergangenheit. Forscher entdeckten darin Spuren von Blättern und Moosen und konnten belegen, dass der Boden einst Luft und Licht ausgesetzt war. Die Analyse der Proben enthüllte, dass zumindest der Nordwesten Grönlands vor 416.000 Jahren eisfrei war. Andere Hinweise deuten darauf hin, dass auch der Süden und das Landesinnere der Insel in dieser Zeit grün waren. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass der Meeresspiegel zu jener Zeit um mindestens 1,4 Meter angestiegen ist.
Die Gründe für den damaligen Gletscherschwund liegen in einem Zeitabschnitt namens MIS 11-Interglazial begründet. Dies war eine lange Periode der Erwärmung, begleitet von leicht erhöhten CO2-Werten in der Atmosphäre, die jedoch nicht ihre Ursache in von Menschen verursachtem CO2-Anstieg hatten. Das wiederum deutet darauf hin, dass CO2 nicht die Ursache der Erwärmung war. Der fortschreitende Rückzug des Grönländer Gletschers und der Anstieg des Meeresspiegels könnten Auswirkungen haben. Berechnungen zufolge würde ein vollständiges Abschmelzen des Gletschers zu einem Anstieg des Meeresspiegels um bis zu sieben Meter führen.
Aktuelle Studien zeigen, dass die Eisschmelze in Grönland beschleunigt voranschreitet. Wärmere Luftschichten erreichen die Oberfläche des Eises, was zu einem unaufhaltsamen Schmelzprozess führen könnte. Wäre es möglich, dass auch die heutige Erwärmung eine andere Ursache hat, als CO2? Einige Regionen Grönlands haben bereits einen kritischen Punkt erreicht, an dem der Rückzug des Eises unvermeidlich ist, selbst wenn sofortige Emissionsreduktionen erfolgen würden. Die Vorhersagen variieren, aber selbst optimistische Schätzungen des Weltklimarates prognostizieren, dass der Anstieg des Meeresspiegels bis 2100 bis zu sieben Zentimeter betragen könnte, sofern die globale Erwärmung unter zwei Grad gehalten wird. Bei einer Erwärmung um vier Grad könnten es bereits 15 Zentimeter sein.
Die Vergangenheit Grönlands könnte somit als Hinweis dienen, dass eine warme, eisfreie Zukunft für unseren Planeten bevorsteht, unabhängig davon ob durch anthropogene CO2-Emissionen verursacht oder nicht.