(Kanzlerkarikatur). |
Im März 2023 schwebten in Deutschland Visionen eines neuen Wirtschaftswunders – Prophezeiungen, die vom Bundeskanzler Olaf Scholz persönlich ausgesprochen wurden, und die Wachstumsraten der goldenen 1950er- und 1960er-Jahre versprachen. Ein Jahr später offenbart sich die ganze Tragweite dieser Fehleinschätzung: eine ökonomische Fehlprognose, die in die Annalen eingehen dürfte. Doch was steckt hinter dieser eklatanten Fehleinschätzung? Täuschung der Bevölkerung oder schiere Inkompetenz?
Die Hybris des Versprechens
Die Versprechen des Kanzlers waren nicht nur kühn, sondern, wie sich herausstellt, grundlegend fehlgeleitet. Mit einem prognostizierten Wirtschaftswachstum, das in der Realität bei einem Schrumpfen von 0,3 Prozent im Jahr 2023 und einem marginalen Plus von nur 0,2 Prozent im Jahr 2024 liegt, stehen wir weit entfernt von den verheißungsvollen Sechs-Prozent-Wachstumsraten der Nachkriegszeit. Experten und Ökonomen hatten bereits früh Zweifel an diesen optimistischen Aussichten geäußert, basierend auf realistischeren Schätzungen des Produktionspotenzials und dem offensichtlichen Mangel an Arbeitskräftepotenzial.
Falsches Modell oder falscher Glaube?
Die Frage, ob es sich um eine bewusste Täuschung oder um pure Inkompetenz handelt, drängt sich auf. Hat der Kanzler tatsächlich geglaubt, es besser zu wissen als die Experten, oder war es ein bewusstes Spiel mit unrealistischen Hoffnungen? Die Antwort scheint in einem tief verwurzelten Selbstbewusstsein des Kanzlers zu liegen, ein Vertrauen in ein fehlerhaftes Modell, das die realen wirtschaftlichen Gegebenheiten und Bedürfnisse Deutschlands nicht adäquat widerspiegelt.
Die Rolle der Klimapolitik
Besonders hervorzuheben ist die einseitige Fokussierung auf Klimaschutzinvestitionen als vermeintlichen Wachstumstreiber. Während niemand die Bedeutung des Klimaschutzes und der ökologischen Transformation in Abrede stellt, ist die Annahme, dass allein diese Investitionen ein Wirtschaftswunder entfachen könnten, naiv. Diese monokausale Betrachtungsweise ignoriert die vielschichtigen Herausforderungen, denen sich die deutsche Wirtschaft gegenübersieht – von Inflation und überbordender Regulierung bis hin zu einem unkontrollierten Ausbau des Sozialstaats.
Ein Weckruf zur Realität
Die Scholz’sche Fehlprognose sollte als Weckruf dienen. Es zeigt sich, dass eine Kombination aus überzogenem Optimismus, Ignoranz gegenüber wissenschaftlicher Expertise und einer verengten Sichtweise auf die Potenziale der Klimapolitik zu einer gefährlichen Mischung führen kann. Der Traum von Wachstumsraten wie in den 1950er- und 1960er-Jahren erweist sich als eine Illusion, die auf einem brüchigen Fundament ruht.
Zwischen Täuschung und Inkompetenz
Es ist schwer, eindeutig zwischen Täuschung und Inkompetenz zu unterscheiden. Vielleicht ist es eine Mischung aus beidem – eine Überschätzung der eigenen Fähigkeit, die Wirtschaft mit politischen Versprechen anzukurbeln, und ein Unterlaufen der Bedeutung solider, wissenschaftlich fundierter Prognosen und Modelle. Was Deutschland jetzt braucht, ist eine realistische, umfassende Strategie, die sowohl die ökonomischen als auch die ökologischen Herausforderungen angeht, ohne sich in den Trugbildern eines neuen Wirtschaftswunders zu verlieren.