Die Macht der Einstellung: Wie Leistungswille und Anerkennung von Reichtum eine Volkswirtschaft vorantreiben

Polen und Vietnam zählen zu den dynamischsten Ländern der letzten drei Jahrzehnte. Eine wesentliche Ursache dafür liegt in der positiven Einstellung der Menschen gegenüber Leistung und Wohlstand. Rainer Zitelmann, ein renommierter Forscher im Bereich Reichtum, hat eine Untersuchung durchgeführt, um die Erfolgsfaktoren dieser Länder und die häufigen Missverständnisse bezüglich Entwicklungshilfe zu ergründen.

Die Frage, warum einige Volkswirtschaften florieren, während andere stagnieren oder sogar absteigen, beschäftigt bereits seit 300 Jahren den Philosophen Adam Smith. Die Antwort liegt größtenteils in der Einstellung der Menschen zum Reichtum und wirtschaftlichen Erfolg.

Rainer Zitelmann, ein Unternehmer und Reichtumsforscher, hat sich mit soziologischen Methoden dieser Fragestellung gewidmet. Es wurden Umfragen in zahlreichen Ländern in Auftrag gegeben, um die unterschiedlichen Bewertungen wirtschaftlichen Erfolgs durch die Menschen aufzuzeigen.

Er hat nun erstmals auch die Einstellungen in Schwellenländern untersucht und dabei ein aufschlussreiches Ergebnis entdeckt: Gesellschaften, in denen das Streben nach Reichtum gesellschaftlich anerkannt wird, verzeichnen insgesamt eine bessere Entwicklung des Wohlstands im Vergleich zu Ländern, in denen Neid und Misstrauen vorherrschen.

Zitelmann ist überzeugt, dass alle von dieser Einstellung profitieren, während herkömmliche Entwicklungshilfe im sogenannten „Globalen Süden“ (früher als „Dritte Welt“ bezeichnet) das Gegenteil bewirkt. In einem Interview mit der Zeitung „WELT“ spricht er über die Lehren, die Deutschland aus diesen Erfahrungen ziehen kann.

Vietnam erinnert sich noch gut an die Zeit, als es das ärmste Land der Welt war. Seit den marktwirtschaftlichen Reformen in den späten 80er-Jahren hat sich der Lebensstandard massiv verbessert. In Deutschland hingegen haben viele Menschen vergessen, dass der Wohlstand auf der Marktwirtschaft basiert.

Die Einstellung gegenüber reichen Menschen ist in Polen und Vietnam deutlich positiver als in Deutschland. In Deutschland betrachten 62 Prozent der Menschen Reiche als egoistisch, während es in Polen nur 19 Prozent sind. Ähnlich verhält es sich mit der Wahrnehmung von Gier: In Deutschland finden 49 Prozent der Bevölkerung, dass Reiche gierig sind, während es in Polen nur halb so viele sind. Eine langfristige wirtschaftliche Entwicklung ist kaum möglich, wenn erfolgreiche Menschen verteufelt werden. Der beeindruckende wirtschaftliche Aufstieg von Polen und Vietnam hängt auch mit der positiven Einstellung gegenüber Reichtum dort zusammen.

In den Jahren ab 1990 wurde in Polen und Vietnam die Rolle des Staates in der Wirtschaft zurückgedrängt. Im Gegensatz dazu hat in Deutschland der Einfluss des Staates auf die Wirtschaft seit der Ära Merkel deutlich zugenommen. Diese Entwicklung wird uns langfristig schwächen. Während sich Polen und Vietnam von der Planwirtschaft entfernt haben, bewegen wir uns in Deutschland immer mehr in Richtung einer Planwirtschaft.

Interessanterweise sind Migranten mit vietnamesischen Wurzeln in Deutschland oft erfolgreicher als Migranten mit anderem kulturellem Hintergrund, insbesondere im Bildungsbereich. Dies könnte auf die Betonung von Leistung in vietnamesischen Familien zurückzuführen sein.

Zitelmann weist darauf hin, dass im Vergleich dazu Afrika viel mehr Entwicklungshilfe erhalten hat als Asien. Dennoch stehen viele asiatische Länder, darunter China, Südkorea, Vietnam und Singapur, heute wirtschaftlich bedeutend besser da als vor 40 Jahren. Der Schlüssel dazu liegt seiner Meinung nach ganz einfach in einer stärkeren Ausrichtung auf Marktwirtschaft. Adam Smith lag richtig, als er sagte, dass wirtschaftliches Wachstum der Menschheit aus der Armut helfen kann, und die wichtigste Voraussetzung dafür ist wirtschaftliche Freiheit.

Abschließend gibt Rainer Zitelmann jungen Menschen in Deutschland den Ratschlag, dass sie reich werden können, indem sie ihre Chancen nutzen und ihre Ziele konsequent verfolgen. Dabei betont er die positiven Einstellungen zu Leistung und Reichtum in den genannten Ländern, die einen bedeutenden Faktor für den Erfolg darstellen.

Insgesamt verdeutlicht Rainer Zitelmann, dass die Einstellung der Menschen gegenüber Reichtum und wirtschaftlicher Leistung eine entscheidende Rolle für die Entwicklung einer Volkswirtschaft spielt. Gesellschaften, in denen das Streben nach Reichtum positiv angesehen wird, haben tendenziell eine bessere Entwicklung des Wohlstands. Er plädiert dafür, die Prinzipien der Marktwirtschaft und wirtschaftlichen Freiheit zu stärken und die traditionelle Entwicklungshilfe kritisch zu hinterfragen, um nachhaltige und langfristige Erfolge zu erzielen.