Fledermäuse im Wandel: Wenn Wälder zur Fremde werden und Siedlungen zum Rückzugsort**

Fledermäuse im Wandel: Wenn Wälder zur Fremde werden und Siedlungen zum Rückzugsort**

In den letzten Jahren haben sich die Lebensräume vieler heimischer Fledermausarten, insbesondere der Waldfledermäuse wie dem Kleinabendsegler, erheblich verändert. Diese Veränderungen sind vor allem auf die intensive Bewirtschaftung der Wälder zurückzuführen. Wälder, die einst ein sicheres Zuhause boten, sind zunehmend für die Kleinabendsegler unzugänglich geworden, da sie kaum noch geeignete Quartiere in Form von alten Bäumen finden. Folglich sind diese Tiere gezwungen, in die umliegenden Siedlungen auszuweichen, um dort Unterschlupf zu suchen.

Ein Forschungsteam unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) hat mithilfe von hochauflösenden GPS-Daten umfassende Studien zur Lebensraumnutzung des Kleinabendseglers durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass diese Fledermäuse zunehmend alte Gebäude wie Dorfkirchen und Baumbestände in urbanen Gebieten als Unterkunft nutzen. Diese Erkenntnisse wurden kürzlich im „Journal of Environmental Management“ veröffentlicht. Die Forscher plädieren für eine verstärkte Erhaltung von Fledermausquartieren in städtischen Räumen sowie für eine nachhaltige Forstwirtschaft, die den Schutz alter Bäume und strukturreicher Wälder in den Vordergrund stellt.

Fledermäuse sind eine der artenreichsten Säugetiergruppen der Welt mit über 1.400 verschiedenen Arten. Viele von ihnen sind auf spezielle Lebensräume angewiesen, die ihnen Nahrung und Schutz bieten. Der Kleinabendsegler, eine typisch europäische Waldfledermaus, ist auf strukturreiche Laubwälder angewiesen, in denen er geeignete Quartiere in Baumhöhlen findet. Die Studie zeigt, wie stark die aktuellen Forstwirtschaftspraktiken diese Lebensräume beeinträchtigen und wie wichtig es ist, geeignete Lebensbedingungen zu erhalten.

Die Forscher erfassten die Bewegungsdaten von 32 Kleinabendseglern in Brandenburg, indem sie diesen GPS-Logger anbrachten. Diese Technologie ermöglichte es, die Gewohnheiten der Tiere im Hinblick auf Nahrungssuche, Ruhezeiten und Flugrouten präzise zu dokumentieren. Dr. Carolin Scholz vom Leibniz-IZW betont, dass die gewonnenen Daten es ermöglichen, die ökologischen Anforderungen des Kleinabendseglers besser zu verstehen und zukünftig gezielte Schutzmaßnahmen zu entwickeln.

Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass der Kleinabendsegler strukturreiche Eichenwälder bevorzugt und Nadelwälder, insbesondere Fichtenwälder, meidet. Bemerkenswert ist auch die Nutzung von Siedlungsräumen, die auf die Abnahme geeigneter Quartiere in Wäldern zurückzuführen ist. Uwe Hoffmeister, ein Experte für Fledermäuse, erklärt, dass die Tiere offenbar gezwungen sind, in Siedlungen nach Unterschlupf zu suchen, da ihre angestammten Lebensräume in den Wäldern verloren gehen.

Die Forscher empfehlen, dass neben dem Schutz von Siedlungsquartieren auch eine ökologisch nachhaltige Forstwirtschaft betrieben werden sollte. Maßnahmen wie eine schonende Holzernte und längere Wachstumszeiten für Bäume können helfen, die strukturelle Vielfalt in Wäldern zu erhöhen. Dies ist wichtig, um eine langfristige Existenz der Waldfledermäuse in forstlich genutzten Gebieten zu sichern.

Zusätzlich zu diesen Herausforderungen kommt die Gefahr durch Windkraftanlagen hinzu. Kleinabendsegler könnten durch die Silhouette dieser Anlagen angelockt werden und damit einem erhöhten Kollisionsrisiko ausgesetzt sein. Die Wissenschaftler warnen, dass der Ausbau von Windenergieanlagen in Waldgebieten negative Auswirkungen auf die Bestände dieser Fledermausart haben könnte.

Angesichts dieser Herausforderungen ist es von entscheidender Bedeutung, die Anforderungen und Bewegungsmuster des Kleinabendseglers besser zu verstehen. Die vorliegende Studie liefert wertvolle Daten, die es ermöglichen, geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dazu gehört, dass neue Windkraftanlagen nicht in der Nähe von strukturreichen Laubwäldern oder bekannten Fledermausquartieren errichtet werden sollten.

Insgesamt zeigt die Forschung, wie wichtig es ist, die Lebensräume der Waldfledermäuse zu schützen und nachhaltige Forstwirtschaft zu betreiben. Nur so kann gewährleistet werden, dass diese faszinierenden Tiere auch in Zukunft in unseren Wäldern und Siedlungen leben können. Es ist an der Zeit, den Wert von alten, höhlenreichen Bäumen nicht nur in der Natur, sondern auch in urbanen Gebieten zu erkennen