
Der alarmierende Rückgang der Wildbienenpopulationen weltweit stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Biodiversität dar. Intensiv bewirtschaftete Agrarlandschaften bieten diesen wichtigen Bestäubern häufig unzureichende Lebensbedingungen. Um dem Rückgang entgegenzuwirken, reicht es nicht aus, sporadische Maßnahmen zu ergreifen. Forschungsergebnisse der Universitäten Göttingen und Halle belegen, dass ein integrierter Ansatz auf Landschaftsebene deutlich effektiver ist. Die Kombination von ökologischen Anbauformen und mehrjährigen naturnahen Lebensräumen erweist sich als besonders vorteilhaft für den Schutz von Wildbienen.
In einer umfassenden Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Journal of Applied Ecology“, untersuchten die Wissenschaftler die Auswirkungen dreier spezifischer Agrarumweltmaßnahmen in 32 landwirtschaftlich geprägten Regionen. Diese Maßnahmen umfassen die Schaffung ökologischer Anbauflächen, einjähriger Blühflächen sowie mehrjähriger naturnaher Lebensräume. Ziel war es, die Anzahl und Artenvielfalt der Wildbienen auf diesen Flächen zu erfassen und die Effektivität der verschiedenen Maßnahmen zu bewerten.
Die Ergebnisse zeigen, dass nicht alle Kombinationen von Agrarumweltmaßnahmen die gleiche Wirksamkeit aufweisen. Besonders vorteilhaft ist die Synergie aus ökologischem Landbau und mehrjährigen naturnahen Lebensräumen, die zusammen eine größere Vielfalt an Wildbienen unterstützen. Dies gilt insbesondere für Arten, die nicht zu den Hummeln zählen. Der Grund hierfür liegt in der Bereitstellung unterschiedlicher Nahrungsquellen und Nistmöglichkeiten über längere Zeiträume hinweg, was den Bedürfnissen dieser Wildbienenarten entgegenkommt.
Hummeln hingegen profitieren sowohl von ökologischen Anbauflächen als auch von naturnahen Lebensräumen, unabhängig davon, ob diese gemeinsam in einer Landschaft vorkommen oder nicht. Dies deutet darauf hin, dass Hummeln eine gewisse Flexibilität in ihrer Lebensraumwahl besitzen, die ihnen erlaubt, auch in weniger optimalen Bedingungen zu gedeihen.
Die Kombination von ökologischen Anbauflächen mit einjährigen Blühflächen hingegen zeigt sich als weniger erfolgreich. Diese beiden Lebensräume bieten zur gleichen Zeit ähnliche Blumenarten als Nahrungsquelle, wodurch die Vielfalt an Strukturen und Ressourcen nicht erhöht wird. Dies führt dazu, dass die positiven Effekte der einzelnen Maßnahmen sich gegenseitig abschwächen, anstatt sie zu verstärken.
Die Studienautorin Kathrin Czechofsky betont die Bedeutung einer strategischen Planung bei der Auswahl und Kombination von Maßnahmen. „Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass eine durchdachte Kombination von Lebensräumen, die sich in ihren Blüh- und Nistressourcen ergänzen, entscheidend ist, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Wildbienen gerecht zu werden“, erklärt sie. Dr. Annika Hass, Mitglied des Leitungsteams des „ComBee“-Projekts, das die Studie unterstützte, fügt hinzu: „Die Erkenntnisse dieser Forschung bieten wertvolle Ansätze für die zukünftige Gestaltung von Agrarumweltmaßnahmen und heben die Relevanz einer landschaftsweiten Planung hervor.“
Das ComBee-Projekt, welches Teil dieser Untersuchung ist, wird von den Universitäten Göttingen und Halle-Wittenberg durchgeführt und erhält finanzielle Unterstützung vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die Studie liefert nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch praktische Handlungsempfehlungen für Landwirte und Entscheidungsträger im Bereich der Agrar- und Umweltpolitik.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass der Schutz von Wildbienen und anderen Bestäubern nicht nur durch punktuelle Maßnahmen erreicht werden kann, sondern dass ein umfassender, integrierter Ansatz notwendig ist. Die Schaffung und Pflege geeigneter Lebensräume, kombiniert mit umweltfreundlichen landwirtschaftlichen Praktiken, kann entscheidend dazu beitragen, die Vielfalt und Populationen von Wildbienen zu erhalten. Nur durch gezielte Maßnahmen auf Landschaftsebene können wir die Lebensräume dieser wertvollen Insekten nachhaltig sichern.