
Die Herausforderungen des Klimawandels und das Artensterben zählen zu den drängendsten Problemen, mit denen die Menschheit heute konfrontiert ist. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie Lehrkräfte im Islamischen Religionsunterricht umweltethische Themen ansprechen und Schüler zu umweltbewusstem Verhalten anregen können. Um diese Thematik zu beleuchten, hat die Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG) an der Goethe-Universität Frankfurt am Main eine neue Handreichung veröffentlicht, die sich speziell an Lehrkräfte richtet und im Rahmen ihrer Reihe „WiFo paper“ erscheint.
Asmaa El Maaroufi, Autorin der Handreichung und Juniorprofessorin für Islamische Ethik am Zentrum für Islamische Theologie der Universität Münster, betont, dass Umweltbildung aus einer islamisch-theologischen Perspektive weit mehr ist als nur die Vermittlung von Wissen über Klima, Natur und Ressourcen. Vielmehr zielt sie darauf ab, junge Menschen zu verantwortungsvollen Akteuren in einer verletzlichen Welt zu erziehen. Dabei sollen religiöse Werte und ethische Leitlinien eine zentrale Rolle spielen. Die Handreichung verbindet Fragen der ökologischen Gerechtigkeit mit religiöser Sinnstiftung und schafft so Lernumgebungen, in denen die Erfahrungen und Perspektiven muslimischer Jugendlicher ernst genommen werden.
Die Veröffentlichung umfasst sowohl koranische Ansätze zur Umwelt als auch islam-ethische Konzepte wie das halīfa-Prinzip, das die menschliche Verantwortung für die Schöpfung unterstreicht. Wichtige Schlüsselbegriffe wie Gerechtigkeit (ʿadl) werden ebenfalls behandelt. Darüber hinaus bietet die Handreichung praktische Anregungen für den Unterricht, die es Lehrkräften ermöglichen, Themen wie Artenschutz, Vermeidung von Plastik und nachhaltigen Konsum in die Unterrichtsgestaltung einzubringen.
Für die Klassenstufen 5 bis 10 wurden konkrete Unterrichtsentwürfe entwickelt, die bereits erfolgreich in der Praxis erprobt wurden. Diese Entwürfe sind nicht nur theoretisch, sondern bieten auch umsetzbare Vorschläge, die Lehrenden helfen, umweltrelevante Themen ansprechend und effektiv zu vermitteln. Ergänzend dazu enthält die Handreichung umfangreiche Hinweise zu weiterführender Literatur sowie eine digitale Sammlung von Materialien, die zusätzliche Unterrichtsentwürfe und Materialien umfassen.
Die AIWG verfolgt mit dieser Publikation das Ziel, islamisch-theologische Umweltethik mit didaktischen Konzepten zu verknüpfen und damit eine Brücke zwischen wissenschaftlicher Forschung und pädagogischer Praxis zu schlagen. Dr. Raida Chbib, Geschäftsführerin der AIWG, hebt hervor, dass religiöse Umweltbildung als Motor für nachhaltiges und verantwortungsbewusstes Handeln fungieren kann. Die Bewahrung der Schöpfung sei ein Anliegen, das sowohl Christinnen als auch Musliminnen und andere Glaubensgemeinschaften gemeinsam teilen.
Die Handreichung sowie die digitale Materialsammlung sind auf der Webseite der AIWG zugänglich und können heruntergeladen werden. Diese Initiative trägt nicht nur zur interdisziplinären Diskussion innerhalb der islamischen Theologie bei, sondern fördert auch den Austausch zwischen Wissenschaft und Bildungspraxis.
Die Autorinnen der Handreichung bringen unterschiedliche Hintergründe in das Projekt ein. Dr. Asmaa El Maaroufi hat sich intensiv mit Themen der Anthropologie und islamischen Ethik beschäftigt, insbesondere im Hinblick auf Umwelt- und Tierethik. Esra Doğanay, die im Bereich Bau- und Umweltingenieurwesen ausgebildet ist, engagiert sich seit Jahren bei NourEnergy e. V. und entwickelt Konzepte zur Nachhaltigkeit für muslimische Organisationen. Laura Pusch, wissenschaftliche Mitarbeiterin, hat Erfahrung in der Umsetzung von Projekten zur Integration von Nachhaltigkeitsstrategien in Bildungskontexte.
Die AIWG selbst ist eine Fachakademie, die den interdisziplinären Austausch in den islamisch-theologischen Studien fördert und sich mit gesellschaftlichen Themen wie Teilhabe und Partizipation beschäftigt. Sie wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt.
Insgesamt stellt die neue Handreichung einen wertvollen Beitrag zur Integration von Umweltbildung in den Islamunterricht dar und bietet Lehrkräften zahlreiche Ressourcen, um Schüler für die Herausforderungen der Umwelt zu sensibilisieren und zu aktivem Handeln zu motivieren.