
Ein Team von Wissenschaftlern, zu dem das Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf sowie Universitäten aus Rostock, München und Wien gehören, hat herausgefunden, dass Weidenblätter einen bedeutenden Beitrag zur Reduktion von Stickstoffemissionen in der Rinderhaltung leisten können. Diese aktuelle Forschung wurde in der renommierten Fachzeitschrift „Agriculture, Ecosystems & Environment“ veröffentlicht und zeigt, dass ein natürlicher Futterzusatz, bestehend aus Weidenlaub, die Umweltauswirkungen der Weidehaltung erheblich verringern könnte. Diese Entdeckung könnte nicht nur zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Praktiken beitragen, sondern auch eine traditionelle Heilpflanze in eine innovative Nutzung überführen.
Die Emissionen von Ammoniak (NH₃) und Lachgas (N₂O) aus der Landwirtschaft stellen ein zentrales Umweltproblem dar. Schätzungen zufolge sind etwa 80 Prozent der globalen Ammoniakemissionen und über 81 Prozent der Lachgasemissionen auf landwirtschaftliche Aktivitäten zurückzuführen. Besonders Rinder, Schafe und Ziegen, die als Wiederkäuer gelten, produzieren beim Urinieren große Mengen dieser schädlichen Gase. Diese Emissionen sind nicht nur ein direkter Beitrag zur Luftverschmutzung, sondern haben auch schwerwiegende Auswirkungen auf Böden und Ökosysteme. Ammoniak führt zur Versauerung von Böden und überdüngt natürliche Lebensräume, während Lachgas, das etwa 300-mal klimaschädlicher ist als Kohlendioxid, bis zu 150 Jahre in der Atmosphäre verbleiben kann.
In der Vergangenheit war es schwierig, die Emissionen auf Weideflächen zu kontrollieren, da technische und chemische Methoden zur Minderung kaum anwendbar waren. Doch Dr. Björn Kuhla, der am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie tätig ist, betont die Notwendigkeit, die Umweltbelastungen der Weidehaltung zu minimieren, um diese tiergerechte und nachhaltige Form der Nutztierhaltung langfristig zu erhalten.
Die Forscher setzten sich mit der Frage auseinander, ob die Inhaltsstoffe der Weidenblätter, insbesondere Salicin, einen Einfluss auf den Stickstoffstoffwechsel der Tiere haben könnten. Ihre Experimente zeigten, dass die Fütterung von salicylathaltigem Weidenlaub dazu führt, dass die Bildung von Ammoniak und Lachgas aus dem Urin der Rinder signifikant reduziert wird. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe konnte in den Versuchen eine Reduktion der Ammoniakemissionen um 14 Prozent und der Lachgasemissionen um beeindruckende 81 Prozent festgestellt werden. Dies lässt sich nicht nur auf Salicylsäure zurückführen; auch andere bioaktive Verbindungen im Weidenlaub spielen eine Rolle.
Weiden (Gattung Salix) sind schnell wachsende Pflanzen, die traditionell in verschiedenen Kulturen sowohl als Heilmittel als auch als Futterpflanzen verwendet werden. In Deutschland finden sie gegenwärtig vor allem in Agroforstsystemen oder als Energiepflanzen Verwendung. Die Erkenntnis, dass Weidenblätter eine so wirksame Lösung gegen Stickstoffverluste darstellen können, eröffnet neue Perspektiven für eine umweltfreundliche Tierernährung. Dr. Kuhla hebt hervor, dass Weidenblätter ein lokal verfügbarer, nachwachsender Rohstoff sind, der sich ideal für die Weidehaltung eignet, besonders in Gebieten, in denen andere Lösungen nicht funktionieren.
Um die positiven Effekte der Weidenblätter unter realen Bedingungen zu überprüfen, sind jedoch weitere Studien notwendig. Dabei müssen Faktoren wie Futteraufnahme, Bodentyp, klimatische Bedingungen und mikrobielle Aktivitäten berücksichtigt werden. Auch die Auswirkungen auf die Nitratbildung im Boden werden derzeit untersucht. Parallel dazu evaluieren die Wissenschaftler des FBN auch andere Laubarten, wie Pappeln, die möglicherweise ähnliche Eigenschaften aufweisen und ebenfalls hohe Mengen an Salicylaten enthalten.
Langfristig sehen die Forscher großes Potenzial in sogenannten silvopastoralen Systemen, die Weideflächen mit Baumkulturen kombinieren. Solche Systeme könnten nicht nur zur natürlichen Reduktion von Emissionen beitragen, sondern auch das Mikroklima auf den Weiden verbessern. Darüber hinaus wird erforscht, inwiefern Weidenlaub-Extrakte als Zusatz in Stallmist oder Gülle eingesetzt werden können, um die Emissionen weiter zu reduzieren.
Die Forschung zu Weidenblättern als Futterzusatz könnte somit nicht nur die Umweltauswirkungen der Landwirtschaft verringern, sondern auch innovative Ansätze zur Verbesserung der