
Die Gewinnung von Wasserstoff als sauberem Energieträger der Zukunft stellt eine bedeutende Herausforderung dar, insbesondere im Hinblick auf nachhaltige Verfahren. In diesem Kontext haben Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität Potsdam eine innovative Lösung entwickelt, die auf der Nutzung von natürlichen Enzymen basiert. Diese Enzyme, bekannt als Hydrogenasen, sind hochkomplexe Proteinstrukturen, die Wasserstoff effizient produzieren können. Ihre Verwendung in industriellen Anwendungen ist jedoch durch ihre Empfindlichkeit gegenüber Sauerstoff und ihre große molekulare Struktur eingeschränkt.
Die Forscher haben sich der Herausforderung gestellt, den Einsatz von [FeFe]-Hydrogenasen, einem speziellen Typ dieser Enzyme, zu optimieren. Diese Hydrogenasen nutzen ein eisenhaltiges Molekül, um Wasserstoff zu erzeugen. Der Co-Faktor dieser Enzyme funktioniert ähnlich wie ein Platin-Katalysator, ist aber in seiner isolierten Form nicht aktiv. Um ihre volle Effizienz zu erreichen, benötigen sie eine spezifische Protein-Umgebung. Die Herausforderung bestand darin, diese komplexen Enzyme zu vereinfachen, um ihre Integration in industrielle Prozesse zu ermöglichen.
Ein vielversprechender Ansatz der Forscher war die Übertragung des katalytischen Zentrums der [FeFe]-Hydrogenase auf ein kleineres Biomolekül, das Ferredoxin. Ferredoxin ist ein eisenhaltiges Protein, das in allen lebenden Organismen als Elektronenüberträger fungiert. In einigen Mikroalgen wird Ferredoxin durch die Fotosynthese mit Elektronen versorgt, was die Möglichkeit eröffnet, Wasserstoffproduktion mit Lichtenergie zu koppeln. Die Wissenschaftler formulierten die gewagte Hypothese, dass Ferredoxin möglicherweise selbst in der Lage sein könnte, Wasserstoff zu produzieren.
Zu ihrer eigenen Überraschung entdeckten die Forscher, dass bestimmte Ferredoxine tatsächlich in der Lage waren, in Kombination mit dem Co-Faktor der [FeFe]-Hydrogenase Wasserstoff zu erzeugen. Die Identifizierung dieser geeigneten Ferredoxine war ein komplexer Prozess, der viel Geduld und Forschung erforderte. Die Wissenschaftler mussten sicherstellen, dass nur spezifische Ferredoxine mit dem Co-Faktor kompatibel waren, um die gewünschte Reaktion zu ermöglichen.
Das Ergebnis dieser Forschungsanstrengungen übertraf die Erwartungen der Wissenschaftler. Der neu entwickelte Biohybrid, der aus Ferredoxin und dem Co-Faktor der Hydrogenase besteht, zeigte eine hohe Aktivität bei der Wasserstoffproduktion. Dies ist besonders bedeutsam, da die Zusammenarbeit zwischen dem Protein und dem Co-Faktor in natürlichen [FeFe]-Hydrogenasen sehr fein abgestimmt ist. Die Forscher haben in Zusammenarbeit mit den Chemikern der Universität Potsdam spektroskopische Analysen und quantenmechanische Berechnungen durchgeführt, um die Eigenschaften dieses neuen Biohybrids besser zu verstehen.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Ferredoxin-Protein eine vorteilhafte chemische Umgebung für den Katalysator der Hydrogenase bereitstellt. Um dies zu erreichen, mussten die Forscher den natürlichen Co-Faktor des Ferredoxins durch den Co-Faktor der Hydrogenase ersetzen, was komplexe Syntheseprozesse erforderte. Trotz dieser Herausforderungen bleibt das neue Protein in der Lage, Elektronen von fotosynthetischen Komponenten zu beziehen, was es zu einem vielversprechenden Kandidaten für die Entwicklung kleinerer, effizienter Wasserstoffproduktionssysteme macht.
Diese Forschungsarbeiten wurden durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen der Exzellenzstrategie unterstützt und zeugen von der Leistungsfähigkeit der Biotechnologie bei der Entwicklung nachhaltiger Energiequellen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Advanced Science“ veröffentlicht und stellen einen bedeutenden Schritt in der Nutzung von Biokatalysatoren zur Wasserstoffproduktion dar. Die Forscher hoffen, dass ihre Arbeit zur Realisierung effizienter und umweltfreundlicher Wasserstofferzeugungssysteme beitragen wird, die in der Industrie Anwendung finden könnten.