
Die Region SaarLorLux, die sich über das Saarland, das französische Département Moselle und Luxemburg erstreckt, steht vor Herausforderungen in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere in Anbetracht der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und der damit verbundenen verstärkten Grenzkontrollen. Diese Entwicklungen haben das Bild der offenen Grenzen, das zuvor als selbstverständlich galt, nachhaltig verändert. Dies zeigt eine aktuelle Studie der Universität des Saarlandes, die die Sichtweisen von Kommunalpolitikern in dieser Dreiländerregion untersucht hat.
Professor Florian Weber und seine Mitarbeiterin Julia Dittel haben in ihrer umfassenden Untersuchung die Meinungen und Erfahrungen von Bürgermeistern aus dem Saarland, dem Département Moselle und Luxemburg erfasst. Die Ergebnisse basieren auf einer schriftlichen Umfrage, die eine repräsentative Rückmeldung zeigte: 56 Prozent der saarländischen Bürgermeister, 37 Prozent der Befragten aus Moselle und 40 Prozent aus Luxemburg beteiligten sich. Diese Zahlen verdeutlichen das gesteigerte Interesse der Kommunen an grenzüberschreitenden Themen.
Im Vorfeld der Umfrage führten Weber und Dittel persönliche Interviews mit acht kommunalen Vertretern, um ein besseres Verständnis für die Herausforderungen und Anliegen der Gemeinden in der Grenzregion zu gewinnen. Auf dieser Grundlage wurde ein umfassender Fragebogen entwickelt, der sowohl persönliche Einschätzungen zur europäischen Integration als auch die spezifischen Gegebenheiten der Grenzregion thematisierte. Weber betont, dass die kommunale Ebene besonders gut veranschaulicht, wie Menschen grenznah leben, konsumieren und arbeiten. Die gewählten Vertreter sind bestens mit den Herausforderungen des Alltags vertraut und kennen die politischen sowie administrativen Hürden, die auch Jahrzehnte nach dem Inkrafttreten des Schengener Abkommens bestehen.
Die jüngsten Umfrageergebnisse zeigen jedoch einen Rückgang des Vertrauens in die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Vergleich zu 2020. Während damals 43 Prozent der saarländischen Bürgermeister die Grenze als verbindendes Element ansahen, ist diese Zustimmung bis 2024 stark gesunken. Auch im Département Moselle teilen nur noch 37 Prozent diese Ansicht. Die kommunalen Vertreter aus Moselle bewerten die Grenznähe als „sehr relevant“ (44 Prozent), was im Kontrast zu den saarländischen Kollegen steht, bei denen dieser Wert deutlich niedriger ist.
Ein zentrales Ergebnis der Befragung ist die Bedeutung des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes. Die Befragten aus beiden Ländern erkennen die wirtschaftlichen Vorteile, die aus der Zusammenarbeit mit den Nachbarn resultieren. Insbesondere die Gemeinden in unmittelbarer Grenznähe heben die Relevanz dieser Nähe hervor. Während 75 Prozent der Grenzgemeinden 2020 und 2024 diese als „sehr relevant“ erachteten, liegt dieser Wert in nicht grenznahen Gemeinden nur bei 17 Prozent.
Ein Teilnehmer aus Deutschland brachte es auf den Punkt: „Je weiter man von der Grenze entfernt ist, desto weniger wird die Lebenswelt vom Nachbarland beeinflusst. Die Nähe fördert ein besseres Verständnis für europäische Themen.“ Dies wird durch die Einschätzungen der Bürgermeister aus Luxemburg ergänzt, die nur 26 Prozent der Vorteile ihrer Grenzlage als „sehr relevant“ erachten. Viele von ihnen verweisen auf die negativen Auswirkungen wie steigende Immobilienpreise und Verkehrsbelastungen.
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die europäische Zusammenarbeit und die offenen Grenzen keineswegs als gegeben betrachtet werden dürfen. Dittel betont die Notwendigkeit, die Sprache des Nachbarlandes zu erlernen und den bürgernahen Austausch zu fördern, um bürokratische Hürden abzubauen. Dies gilt insbesondere für Bereiche wie die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung und den öffentlichen Nahverkehr.
Professor Weber fordert die Politik auf, die Notwendigkeit von Grenzkontrollen an den europäischen Binnengrenzen zu hinterfragen. Die Erfahrungen aus der Pandemie und die verstärkten Kontrollen während der Olympischen Spiele in Paris haben das Gefühl der Zugehörigkeit in der Region beeinflusst. Das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Solidarität in der Region SaarLorLux sollten nicht als selbstverständlich betrachtet werden, warnt Weber.
Insgesamt verdeutlichen die Ergebnisse der Studie, dass die Herausforderungen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Region SaarLorLux vielschichtig sind und es dringend nötig ist, diese Themen aktiv anzugehen, um die europäische Integration und die Zusammenarbeit in der Grenzregion zu stärken.