
Die Art und Weise, wie Menschen mit ihren Kindern kommunizieren, ist ein faszinierendes Phänomen, das in vielen Kulturen auf der ganzen Welt zu beobachten ist. Diese spezielle Form des Sprechens, die oft als „Babysprache“ oder „kindgerechte Sprache“ bezeichnet wird, ist nicht nur eine natürliche Ausdrucksweise, sondern könnte auch als eine der grundlegenden menschlichen Fähigkeiten angesehen werden. Neueste Forschungsergebnisse von Wissenschaftlern der Universitäten Zürich und Neuenburg haben nun gezeigt, dass diese Form der Kommunikation bei Menschenaffen in freier Wildbahn nicht in gleichem Maße vorkommt, was die Frage aufwirft, wie und warum sich diese Fähigkeit im Menschen entwickelt hat.
In der Wissenschaft wird Babysprache als eine an Kinder gerichtete Form der Kommunikation definiert, die durch einen besonderen Sprachstil gekennzeichnet ist. Studien haben gezeigt, dass Kinder, die in einer Umgebung aufwachsen, in der sie häufig mit Babysprache konfrontiert sind, bessere Lernergebnisse erzielen. Dazu zählen ein größerer Wortschatz sowie verbesserte Lese- und Schreibfähigkeiten. Die Verwendung von Babysprache scheint somit einen erheblichen Einfluss auf den Spracherwerb zu haben. Diese Erkenntnisse werfen die spannende Frage auf, wie sich diese Fähigkeit im Laufe der Evolution entwickelt hat.
Um diesen Fragen nachzugehen, haben Forscher der Universitäten Zürich und Neuenburg, unterstützt von Kollegen aus Frankreich, Deutschland und den USA, eine umfassende Untersuchung durchgeführt. Sie wollten herausfinden, ob andere Menschenaffen, wie Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans, ähnliche Kommunikationsmethoden mit ihren Nachkommen verwenden. Die Ergebnisse dieser Studie, die in der renommierten Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlicht wurde, zeigen, dass Menschen im Vergleich zu anderen Menschenaffen am häufigsten und ausgeprägtesten Babysprache verwenden. Dies war für die Forscher eine überraschende Entdeckung, da sie mit einer größeren Ähnlichkeit in der Kommunikation zwischen Menschen und ihren nahen Verwandten gerechnet hatten.
Die Forscher stellten fest, dass nicht-menschliche Menschenaffen ebenfalls mit ihren Nachkommen kommunizieren, jedoch nicht in dem Maße, wie es bei Menschen der Fall ist. So konnten sie die vokalen Interaktionen zwischen Säuglingen verschiedener Menschenaffenarten dokumentieren und vergleichen. Es wurde festgestellt, dass die Anteile der Babysprache in diesen anderen Arten deutlich geringer sind. Dies wirft die Frage auf, wie Kinder von Menschenaffen ihre Kommunikationsfähigkeit entwickeln. Offensichtlich lernen auch sie Sprache, indem sie die Umgebungssprache der Erwachsenen und anderer Kinder um sich herum aufnehmen. Dies deutet darauf hin, dass die Entwicklung von Kommunikationsfähigkeiten sowohl durch soziale Interaktionen als auch durch das Hören von Sprache in der Umgebung gefördert wird.
Die Studie konzentrierte sich hauptsächlich auf die vokale Kommunikation, was bedeutet, dass andere Modalitäten, wie Gesten oder Körpersprache, nicht umfassend untersucht wurden. Es ist bekannt, dass nicht-menschliche Menschenaffen ebenfalls Gesten verwenden, um mit ihren Nachkommen zu kommunizieren, und einige dieser Gesten weisen Ähnlichkeiten mit der menschlichen Kommunikation auf. Dies eröffnet neue Perspektiven für die Erforschung der Sprache und der Kommunikationsmethoden unter verschiedenen Arten.
Um die Evolution der Sprache weiter zu verstehen, wäre es ideal, die Sprachfähigkeiten unserer frühesten Vorfahren zu erforschen. Da Sprache jedoch keine physische Form hat, ist es schwierig, Beweise für die Sprachfähigkeiten ausgestorbener Hominiden zu finden. Daher haben sich die Forscher auf die Untersuchung lebender nahe verwandter Arten konzentriert. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass die Tendenz, mit Lauten an Säuglinge zu kommunizieren, im menschlichen Stammbaum erheblich zugenommen hat. Auch bei anderen Tierarten, darunter Fledermäuse und Delfine, wurde festgestellt, dass sie ähnliche Kommunikationsformen mit ihren Nachkommen verwenden, wenn auch in geringerem Maße.
Die Forscher schlagen vor, dass zukünftige Studien sich darauf konzentrieren sollten, die Unterschiede in der Kommunikation zwischen den Arten zu untersuchen, um ein besseres Verständnis für die Evolution der sprachlichen Fähigkeiten zu gewinnen. Diese Erkenntnisse könnten nicht nur unser Wissen über die menschliche Kommunikation erweitern, sondern auch darüber, wie soziale Interaktionen und Umweltfaktoren das Lernen und die Entwicklung von Sprache beeinflussen.