
Im Kontext der globalen Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels ist die Umleitung finanzieller Ressourcen hin zu nachhaltigen Investitionen von entscheidender Bedeutung. Eine aktuelle Studie der Universität Witten/Herdecke und des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) hebt die immense Finanzierungslücke hervor, die geschlossen werden muss, um die Klimaziele zu erreichen. In Deutschland wird ein jährlicher Investitionsbedarf von 60 bis 100 Milliarden Euro geschätzt. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sind politische Maßnahmen erforderlich, die sowohl grüne Investitionen fördern als auch klimaschädliche Projekte unattraktiver machen.
Die Untersuchung, unterstützt durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt, zeigt auf, dass ein erheblicher Teil des globalen Kapitals nach wie vor in umweltschädliche Aktivitäten fließt. Um die Klimaziele zu erreichen, ist es unerlässlich, diese Finanzierungsströme umzulenken. Die Forscher haben in ihrem Policy Brief „Die grüne Transformation finanzieren“ drei zentrale Empfehlungen formuliert, die die politischen Entscheidungsträger umsetzen sollten: Erstens sollte die Attraktivität grüner Investitionen, auch als „Bankability“ bezeichnet, gesteigert werden. Zweitens ist eine aktive Reduktion der Finanzierung fossiler Brennstoffe und emissionsintensiver Projekte notwendig. Drittens sollten öffentliche Mittel für solche grünen Projekte bereitgestellt werden, die zwar notwendig sind, aber möglicherweise keine sofortige oder hohe Rendite abwerfen.
Die Analyse weist auf eine erhebliche Diskrepanz hin: Weltweit fehlen laut Climate Policy Initiative jährlich etwa sieben Billionen US-Dollar an Investitionen für eine nachhaltige Transformation. Diese Lücke ist besonders alarmierend, da fossile Projekte oft als profitabel und risikoarm gelten, was zu umweltschädlichen Folgen führt. Um dem entgegenzuwirken, ist es entscheidend, die Bankfähigkeit von grünen Investitionen zu stärken. Hierbei spielen monetäre Anreize, staatliche Garantien und regulatorische Maßnahmen eine zentrale Rolle. Joscha Wullweber, der das Projekt an der Universität Witten/Herdecke leitet, erläutert, dass die Bankability die Einschätzung des Risiko-Rendite-Verhältnisses von Investitionen umfasst. Je weniger Risiko und je höher die erwartete Rendite, desto attraktiver sind Investitionen für den Finanzsektor.
Die Studie zeigt jedoch, dass viele grüne Projekte derzeit nicht die erforderliche Bankability aufweisen, um Investoren anzuziehen, während klimaschädliche Projekte nach wie vor hohe Bankfähigkeitswerte haben. Dies geschieht trotz der bestehenden europäischen Nachhaltigkeitsregulierungen, die darauf abzielen, ökologische Kriterien zu stärken.
Zusätzlich zu den Empfehlungen zur Stärkung der Bankability haben die Wissenschaftler auch Vorschläge zur Reduzierung der Finanzierung klimaschädlicher Aktivitäten entwickelt. Dazu gehört die Regulierung von Banken und Schattenbanken, um die Finanzierung fossiler Brennstoffe zu erschweren. Ein Beispiel hierfür wäre der Ausschluss klimaschädlicher Vermögenswerte aus dem Sicherheitenrahmen der Europäischen Zentralbank. Es ist unerlässlich, dass der Staat in Bereichen wie Moorschutz, nicht-motorisierte Mobilität und Hochwasserschutz aktiv wird, da diese Maßnahmen oft nicht ausreichend durch private Investitionen finanziert werden können.
Um die notwendigen öffentlichen Mittel zu mobilisieren, könnten Instrumente wie ein EU-Klimafonds oder eine „Grüne Goldene Regel“ eingeführt werden, die es ermöglichen, dass grüne Investitionen nicht in die EU-Schuldenregeln einfließen. Die Autoren der Studie betonen jedoch, dass eine alleinige Ausrichtung der Finanzpolitik nicht ausreicht. Florian Kern vom IÖW hebt hervor, dass es eines integrativen Politik-Mixes bedarf, der auch Innovations-, Industrie-, Fiskal- und Sektorpolitiken umfasst, um eine sozial gerechte und ökologische Transformation zu gewährleisten.
Silke Stremlau, die Vorsitzende des Sustainable-Finance-Beirats der letzten Bundesregierung, äußert sich positiv zu den Vorschlägen des Projekts. Sie betont die Wichtigkeit, die Lücken im aktuellen Diskurs über nachhaltige Finanzen zu schließen und stellt fest, dass die vorgelegten politischen Empfehlungen einen konsistenten Maßnahmenkatalog für den Fortschritt der grünen Transformation darstellen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Politik eine entscheidende Rolle dabei spielt, die finanziellen Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Zukunft zu schaffen. Durch gezielte Maßnahmen zur Stärkung grüner Investitionen und zur Reduzierung klimaschädlicher Finanzierungen kann ein bedeutender Beitrag zur Erreichung der Klimaziele geleistet werden.