
Eine neue Studie, die von einem interdisziplinären Team aus Bremen, Kiel und Edinburgh durchgeführt wurde, beleuchtet die komplexen Zusammenhänge zwischen der Atlantischen Umwälzbewegung (AMOC) und der Sauerstoffverfügbarkeit in den Ozeanen. Die Forschung, die im renommierten Fachjournal Nature Communications veröffentlicht wurde, zeigt, dass eine Abschwächung der AMOC mit einer Zunahme des Sauerstoffgehalts in der Sauerstoffminimumzone in den tropischen Gewässern des Nordatlantiks korreliert ist.
Die Ozeane bestehen aus verschiedenen Wasserschichten, die sich in Temperatur und Salzgehalt unterscheiden. Diese Unterschiede sind entscheidend für die thermohaline Zirkulation, die als treibende Kraft hinter der AMOC fungiert. Während die Zirkulation in den oberen Schichten des Ozeans auch durch Wind beeinflusst wird, sind die tiefen Wasserschichten weitgehend von der thermohalinen Zirkulation abhängig. Diese komplexe Dynamik ist für die Belüftung der Meeresböden von zentraler Bedeutung, da sie dafür sorgt, dass Sauerstoff zu den benthischen Organismen gelangt, die auf dem Meeresboden leben und eine wichtige Rolle im Nährstoffkreislauf spielen.
Die Forscher konzentrierten sich in ihrer Untersuchung auf die tropische Sauerstoffminimumzone vor der Küste Nordwestafrikas. Dort verwenden sie benthische Foraminiferen, mikroskopisch kleine einzellige Organismen, um historische Veränderungen des Sauerstoffgehalts über die letzten 27.000 Jahre zu rekonstruieren. Diese Organismen reagieren empfindlich auf Änderungen des Sauerstoffgehalts in ihrer Umgebung, und ihre Fossilien bieten wertvolle Hinweise auf vergangene ökologische Bedingungen.
Die Studienleiterin Dr. Sofía Barragán-Montilla, die ihre Dissertation am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen abgeschlossen hat, erklärte: „Anhand der Verbreitung dieser mikroskopischen Fossilien konnten wir feststellen, wie sich der Sauerstoffgehalt im Ozean in Zeiten veränderte, als die AMOC schwächer war als heute.“ Die Ergebnisse zeigen, dass ein Rückgang der AMOC mit einer besseren Belüftung der flachen Wasserschichten einherging, was auf eine komplexe Wechselwirkung zwischen der Zirkulation des Ozeans und der Sauerstoffverfügbarkeit hindeutet.
Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass eine Abschwächung der AMOC zu einem Anstieg des Sauerstoffgehalts in der Sauerstoffminimumzone führen kann. Dies geschieht durch eine Zunahme der Windstärke, die in den Subtropen aufgrund größerer Temperatur- und Luftdruckunterschiede zwischen den Tropen und den höheren Breiten verstärkt wird. Dr. Stefan Mulitza vom MARUM merkte an, dass die enge Verbindung zwischen dem Sauerstoffgehalt vor Nordwestafrika und der Atlantischen Umwälzbewegung überraschend ist.
Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Intensität der Sauerstoffminimumzone weniger von der Zersetzung organischen Materials abhängt, sondern vielmehr von der Ozeanzirkulation selbst gesteuert wird. Die Wechselwirkungen zwischen diesen Faktoren sind entscheidend für das Verständnis von marine Ökosystemen und deren Reaktion auf klimatische Veränderungen.
Die Erkenntnisse dieser Studie werden im Rahmen des Exzellenzclusters „Ozeanboden – unerforschte Schnittstelle der Erde“ weiterverfolgt. Ein wichtiger Forschungsschwerpunkt ist, wie sich komplexe Ökosysteme an die Herausforderungen des Klimawandels anpassen.
Das MARUM ist bestrebt, grundlegende wissenschaftliche Einsichten über die Rolle des Ozeans und des Meeresbodens im globalen Erdsystem zu gewinnen. Die Dynamik dieser Systeme hat weitreichende Auswirkungen auf das Klima, den globalen Kohlenstoffkreislauf und die Biodiversität der Meere. Die Forschungsergebnisse sollen nicht nur der wissenschaftlichen Gemeinschaft zugutekommen, sondern auch der Gesellschaft als Ganzes, indem sie wichtige Informationen für den Schutz der Meeresumwelt bereitstellen.
Insgesamt zeigt diese Untersuchung, wie wichtig es ist, die Wechselwirkungen zwischen Ozeanzirkulation und Sauerstoffverfügbarkeit zu verstehen, um die zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels besser vorhersagen und darauf reagieren zu können.