Dinozähne als Schlüssel zur Entschlüsselung des prähistorischen Lebens**

Dinozähne als Schlüssel zur Entschlüsselung des prähistorischen Lebens**

Die Zähne von Dinosauriern bieten faszinierende Einblicke in das Leben vor 150 Millionen Jahren. Ein internationales Forscherteam hat mithilfe modernster Techniken das Fressverhalten der gigantischen Sauropoden untersucht und dabei überraschende Erkenntnisse über Migration, Umweltbedingungen und die Aufteilung von Lebensräumen in der Jurazeit gewonnen. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift „Nature Ecology and Evolution“ veröffentlicht und werfen ein neues Licht auf das Zusammenspiel von Klima, Nahrungsverfügbarkeit und dem Verhalten dieser riesigen Tiere.

Die Frage, was langhalsige Dinosaurier wie der Diplodocus fraßen und wie sie ihren Lebensraum nutzten, beschäftigt Wissenschaftler seit langem. Ein Team unter der Leitung von Dr. Daniela E. Winkler von der Universität Kiel, Dr. Emanuel Tschopp von der Freien Universität Berlin und André Saleiro, Doktorand an der Universität NOVA Lissabon, hat sich dieser Herausforderung angenommen. Sie verwendeten eine innovative Methode, die auf mikroskopischen Abnutzungsspuren von Zähnen basiert, um Aufschluss über die Ernährung und das Verhalten dieser prähistorischen Giganten zu erhalten.

Die als „Dental Microwear Texture Analysis“ (DMTA) bekannte Technik, die ursprünglich für Säugetiere entwickelt wurde, wurde nun erstmals systematisch auf die Zähne von Sauropoden angewandt. In den Laboren des Leibniz-Instituts zur Analyse des Biodiversitätswandels wurden hochauflösende 3D-Scans von Zahnoberflächen aus drei bedeutenden Fundstätten – der Lourinhã-Formation in Portugal, der Morrison-Formation in den USA und der Tendaguru-Formation in Tansania – analysiert. Die Zähne stammten von 39 verschiedenen Individuen, und die Forscher konnten aus den mikroskopischen Kratzern und Abnutzungen Rückschlüsse auf die Nahrungsaufnahme der Tiere ziehen.

Die statistischen Auswertungen ergaben bemerkenswerte Unterschiede zwischen den verschiedenen Sauropodengruppen und ihren Fundorten. Insbesondere die Flagellicaudaten, eine Gruppe langschwänziger Sauropoden, wiesen eine große Variabilität in ihren Abnutzungsmustern auf. Dies deutet darauf hin, dass diese Tiere möglicherweise von wechselnden Nahrungsquellen lebten und ein weniger spezialisiertes Fressverhalten an den Tag legten. Im Gegensatz dazu zeigten die Camarasaurier aus Portugal und den USA sehr gleichmäßige Abnutzungsspuren, die darauf hindeuten, dass sie über das Jahr hinweg gezielt nach bestimmten Nahrungsressourcen suchten.

Emanuel Tschopp erklärt, dass das Klima in diesen Regionen während der Jurazeit sehr saisonal war, was bedeutete, dass bestimmte Pflanzen nicht das gesamte Jahr über verfügbar waren. Die Konsistenz in der Zahnabnutzung legt nahe, dass diese Tiere saisonale Wanderungen unternahmen, um Zugang zu ihren bevorzugten Nahrungsquellen zu erhalten. Im Vergleich dazu wiesen die Titanosauriformen aus Tansania eine komplexere Abnutzung auf, was auf die speziellen Umweltbedingungen dieser Region zurückzuführen ist. In der Tendaguru-Formation herrschten tropische bis halbtrockene Klimabedingungen, die möglicherweise dazu führten, dass das Pflanzenfutter oft mit Quarzsand kontaminiert war, was die starken Abnutzungsspuren auf den Zähnen erklärte.

Die Forschungsergebnisse zeigen nicht nur Unterschiede im Fressverhalten zwischen verschiedenen Dinosaurierarten, sondern auch, dass diese Unterschiede stark von den klimatischen Bedingungen abhingen. Die Zähne aus Tansania waren durchweg stärker abgenutzt als die aus den anderen Regionen, was den Einfluss des Klimas auf die Nahrungsverfügbarkeit verdeutlicht. Die Forscher konnten durch die Analyse der Zahnabnutzung Muster erkennen, die mit den Lebensräumen und der ökologischen Diversität der Sauropoden in Verbindung stehen.

Diese Studienergebnisse haben weitreichende Implikationen für das Verständnis von Nischenaufteilung und Konkurrenzverhalten unter pflanzenfressenden Dinosauriern. Die Forscher betonen, dass ökologische Prinzipien wie Nischenbildung und Migrationsverhalten nicht nur für die heutige Zeit relevant sind, sondern auch bereits vor Millionen von Jahren eine wichtige Rolle spielten.

Die Forschung ist jedoch noch lange nicht abgeschlossen. Zukünftige Studien sollen untersuchen, ob sich das Ernährungsverhalten von Jungtieren und Erwachsenen unterscheidet oder wie kleinwüchsige Dinosaurier wie der Europasaurus an ihre Umgebung angepasst waren. Die Wissenschaftler sind optimistisch, dass die ständige Verfeinerung ihrer Methoden zu noch tiefergehenden Erkenntnissen