
Die Galápagos-Meerechsen, eine vom Aussterben bedrohte Art, stehen im Mittelpunkt eines bemerkenswerten Citizen-Science-Projekts, das von der Universität Leipzig ins Leben gerufen wurde. Unter dem Titel „Iguanas from Above“ haben fast 14.000 Freiwillige an einer Online-Zählung dieser einzigartigen Leguane teilgenommen, um deren Bestände zu erfassen und somit zu ihrem Schutz beizutragen. Die Initiative nutzt moderne Drohnentechnologie, um hochauflösende Luftbilder von den Kolonien der Meerechsen aufzunehmen, die dann von engagierten Bürgerwissenschaftler:innen analysiert werden.
Die wissenschaftliche Verantwortung für das Projekt liegt bei Dr. Amy MacLeod, einer Zoologin am Institut für Biologie der Universität Leipzig. Sie berichtet, dass jedes Bild von mindestens 20 unabhängigen Personen begutachtet wurde, was zu über 1,3 Millionen individuellen Bewertungen führte. Diese Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit hat nicht nur das Ziel, die Populationsgröße der Galápagos-Meerechsen präzise zu schätzen, sondern auch, die Effizienz der Datenauswertung durch Bürgerwissenschaftler:innen zu demonstrieren.
Das Problem, mit dem die Forscher:innen konfrontiert waren, ist die oft unzureichende Erfassung der Meerechsenpopulationen, da viele ihrer Lebensräume schwer zugänglich sind. Diese Schwierigkeiten können den Schutz der Art erheblich beeinträchtigen. Um diese Lücke zu schließen, wurde das Projekt 2020 ins Leben gerufen. Die Drohnenaufnahmen ermöglichen es, die Tiere aus der Luft zu zählen und bieten somit eine neuartige Methode zur Erfassung von Bestandszahlen.
Ein zentraler Aspekt des Projekts ist die Qualität der aufgenommenen Bilder. In der Anfangsphase stellte sich heraus, dass Bilder von minderer Qualität dazu führten, dass Freiwillige Tiere übersehen oder falsch zuordnen. Insbesondere in komplexen Bildkompositionen kam es häufig zu einer Unterzählung. Die Motivation der Teilnehmer hing stark von der Klarheit der Aufgabenstellung ab; einige Freiwillige leisteten Tausende von Klassifikationen, was die Bedeutung einer gut durchdachten Projektdesigns unterstreicht.
Die Nutzung von Drohnentechnologie im Naturschutz wird immer populärer, führt jedoch auch zu großen Datenmengen, deren Auswertung traditionell zeitaufwendig ist. Während die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Datensammlung bereits weit verbreitet ist, zeigt die Studie, dass auch die Analyse von Daten durch Bürgerwissenschaftler:innen zuverlässig und wertvoll sein kann. Dies könnte den Wissenschaftlern erheblich Zeit und Ressourcen sparen und gleichzeitig das Engagement der Öffentlichkeit in Naturschutzfragen fördern.
Obwohl die Forscher:innen in Zukunft planen, Künstliche Intelligenz zur Zählung einzusetzen, haben erste Tests gezeigt, dass die Freiwilligen derzeit eine genauere und verlässlichere Zählung vornehmen können. Die Drohnen wurden sowohl von Boots- als auch von Landstandorten aus eingesetzt, um die Kolonien zu erfassen, während gleichzeitig traditionelle Erhebungsmethoden verwendet wurden. Die gesammelten Bilder wurden auf der Plattform Zooniverse hochgeladen, wo die Bürgerwissenschaftler:innen die Meerechsen identifizieren und markieren konnten.
Dr. MacLeod und ihr Team arbeiten an verschiedenen Methoden zur Datenaggregation, um die Ergebnisse zu analysieren und mit den Zählungen von Experten zu vergleichen. Ihr Ansatz zielt darauf ab, die Rolle von Citizen Science in der Datenanalyse zu erweitern und aufzuzeigen, wie diese Methodik auch in anderen Bereichen des Naturschutzes angewendet werden kann. Die Ergebnisse des Projekts könnten nicht nur zur Überwachung der Galápagos-Meerechsenpopulation dienen, sondern auch als Grundlage für die zukünftige Automatisierung solcher Vorhaben mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz.
Das Projekt „Iguanas from Above“ ist noch nicht abgeschlossen. Die Forschenden planen, die Ergebnisse der Citizen-Science-Zählungen aus ausgewählten Gebieten des Galápagos-Archipels zu nutzen, um eine umfassende Bestandsaufnahme der Meerechsen zu erstellen. Die Veröffentlichung dieser Schätzungen ist für Anfang 2026 vorgesehen. Die gesammelten Daten werden auch in die Aktualisierung der IUCN-Rotlisteneinstufung einfließen und sollen helfen, effektive Schutzmaßnahmen für diese bedrohte Art zu entwickeln.