
Eine aktuelle Untersuchung der Fachhochschule Kiel (FH Kiel) zeigt, dass die Mehrheit der deutschen Verbraucher Landwirten ein hohes Maß an Kompetenz im Bereich Klima- und Umweltschutz zuschreibt. In der repräsentativen Studie, an der über 1.000 Personen teilnahmen, wurde deutlich, dass die Befragten zwar Vertrauen in die Landwirte als Partner für nachhaltige Praktiken haben, gleichzeitig jedoch eine stärkere Transparenz und nachvollziehbare Nachweise über die tatsächlichen Umweltauswirkungen der Landwirtschaft fordern.
Die Ergebnisse zeigen, dass 57 Prozent der Teilnehmer Landwirte als verlässliche Partner im Umwelt- und Klimaschutz betrachten, während lediglich 10 Prozent dieser Auffassung widersprechen. Dennoch herrscht eine gewisse Skepsis, wenn es um die Glaubwürdigkeit der Umweltversprechen der Betriebe geht. Nur 38 Prozent der Befragten halten offizielle Mitteilungen von Landwirten zu ihren Umweltleistungen für glaubwürdig. 46 Prozent sind unentschlossen, und 16 Prozent bezweifeln deren Glaubwürdigkeit. Laut Henrike Grotsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Agrarwirtschaft der FH Kiel, ist es entscheidend, das vorhandene Vertrauen durch transparente Kommunikation und klare Maßnahmen zu stärken. „Verbraucher sehen Landwirte nicht als Problem, sondern als Teil der Lösung für Umwelt- und Klimafragen. Dieses Vertrauen ist ein wertvolles Gut, das durch offene Informationen und nachvollziehbare Daten weiter ausgebaut werden muss“, erklärt Grotsch.
Ein zentraler Aspekt der Studie ist der Einsatz digitaler Technologien zur Verbesserung der Transparenz in der Landwirtschaft. Diese Technologien ermöglichen eine automatisierte Erfassung von Daten, die für die nachhaltige Bewirtschaftung entscheidend sind. Im Rahmen des Projekts „DigiZert“, das von der FH Kiel initiiert wurde, arbeiten Fachleute an Lösungen zur digitalen Dokumentation von Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft. Dabei können verschiedene Datenquellen, wie Sensoren und Maschinendaten, gebündelt und automatisch analysiert werden. Dies führt zu einer Reduzierung von Mehrfacheingaben und ermöglicht eine präzisere Erfassung von Kennzahlen, die für die Nachhaltigkeitsbewertung wichtig sind.
Die Akzeptanz digitaler Kontrollsysteme ist unter den Verbrauchern hoch: Über 40 Prozent der Befragten sprechen sich für digitale Kontrollen aus, da sie diese als präziser und transparenter empfinden als herkömmliche Vor-Ort-Prüfungen. Zudem wäre fast ein Sechstel bereit, höhere Preise zu zahlen, wenn die Umweltstandards ausschließlich durch digitale Methoden kontrolliert würden. Dennoch zeigt sich, dass aktuell nur etwa ein Viertel der Befragten digitale Lösungen als bevorzugt ansieht. Grotsch interpretiert diese gemischten Reaktionen als Anzeichen dafür, dass das Thema digitale Zertifizierung vielen noch neu und erklärungsbedürftig ist.
Die Umfrage ergab zudem, dass 41 Prozent der Verbraucher beim Einkaufen aktiv auf Klima- und Umweltsiegel achten. Gleichzeitig erwarten 59 Prozent eine signifikante Verbesserung der Umweltstandards in der Landwirtschaft. Steffi Fock, ebenfalls wissenschaftliche Mitarbeiterin im DigiZert-Projekt, betont, dass viele Menschen mit ihrem Konsumverhalten zur Nachhaltigkeit beitragen möchten, jedoch auch hohe Erwartungen an die Landwirtschaft haben.
Ein weiteres Ergebnis der Studie zeigt, dass nur 30 Prozent der Befragten angeben, gut über landwirtschaftliche Themen informiert zu sein. Dies verdeutlicht den erheblichen Aufklärungsbedarf und unterstreicht die Bedeutung von offener Kommunikation und praxisnaher Öffentlichkeitsarbeit. Die Autoren der Studie sind sich einig, dass diese Aufgabe nicht allein von den Landwirten getragen werden kann. Vielmehr ist eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren aus den Bereichen Forschung, Praxis, Vermarktung und Verbraucherkommunikation erforderlich.
Das Projekt DigiZert, das von der FH Kiel geleitet wird, erhält eine Förderung von rund 1,4 Millionen Euro vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat. Es hat am 1. Dezember 2022 begonnen und soll bis zum 30. November 2027 dauern. Ziel ist es, ein digitales Zertifikatsystem für die Dokumentation landwirtschaftlicher Klima- und Umweltschutzmaßnahmen zu entwickeln. Die Ergebnisse dieser Studie könnten somit einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft leisten und das Vertrauen der Verbraucher in die Branche weiter festigen.