
Ein neuartiges KI-Modell, entwickelt von Forschenden der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), verspricht eine präzise Vorhersage der zukünftigen Hitzebelastung in städtischen Gebieten. Dieses Modell wird als bedeutendes Werkzeug angesehen, um Kommunen bei der Anpassung an die Herausforderungen des Klimawandels zu unterstützen und um eine nachhaltige Stadtplanung zu fördern. Es wurde erstmals für die Stadt Freiburg getestet, wobei die Wissenschaftler drei unterschiedliche Klimaszenarien für den Zeitraum von 2070 bis 2099 simulierten, um die Entwicklung der Hitzestunden in Abhängigkeit von der städtischen Infrastruktur zu untersuchen.
Das innovative KI-System nutzt eine Kombination aus Geodaten – darunter Informationen zu Gebäudestrukturen und Vegetationsverhältnissen – sowie klimatischen Vorhersagen, um präzise Aussagen über die künftige Hitzebelastung auf Quadratmeterbasis zu treffen. Die Klimaszenarien variieren von einem moderaten Temperaturanstieg bei starken Klimaschutzmaßnahmen bis hin zu drastischen Erhöhungen bei hohen Treibhausgasemissionen. Professor Dr. Andreas Christen, Umweltmeteorologe an der Universität Freiburg, betont die Bedeutung dieser detaillierten Analyse: „Unser Modell ermöglicht es uns, die Hitzeentwicklung bis vor jede Haustür genau zu untersuchen. Jede Stadt hat ihre eigenen Merkmale in Bezug auf Bebauung und Grünflächen, was eine präzise Berechnung der Hitzebelastung erforderlich macht, um geeignete Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor extremer Hitze zu entwickeln.“
Die Ergebnisse des Modells zeigen, dass die Hitzebelastung in Freiburg in Zukunft erheblich zunehmen wird. Im pessimistischen Szenario könnten die Freiburger Bürger im Zeitraum von 2070 bis 2099 an bis zu 307 Tagen pro Jahr mit Temperaturen über 32 °C konfrontiert werden, während in der Referenzperiode von 1990 bis 2019 lediglich 135 solcher Tage verzeichnet wurden. Besonders alarmierend ist der Anstieg der Stunden mit extremen Temperaturen über 38 °C, die im schlimmsten Fall auf 71 Stunden pro Jahr ansteigen könnten – im Vergleich zu nur sieben Stunden in der Referenzperiode.
Die Untersuchung zeigt auch, dass die Hitzebelastung innerhalb einer Stadt variieren kann, abhängig von Faktoren wie der Dichte der Bebauung, dem Vorhandensein von Vegetation und der Luftzirkulation. Dr. Ferdinand Briegel, Erstautor der Studie und wissenschaftlicher Mitarbeiter am KIT, hebt hervor, dass Industriegebiete besonders anfällig für hohe Temperaturen sind, da sie oft stark versiegelt und schlecht beschattet sind. Dagegen bieten dicht bebaute Wohngebiete mit alten Bäumen tagsüber Schatten und können so den Anstieg der Hitzestunden verringern. Allerdings kann die gleiche Bebauung in der Nacht die Abkühlung behindern und die gespeicherte Wärme länger halten.
Um die Hitzebelastung in Freiburg zu messen, wurden verschiedene repräsentative Stadtgebiete analysiert, darunter ein Industriegebiet, ein Wohngebiet mit altem Baumbestand und die historische Innenstadt. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass gezielte Maßnahmen zur Begrünung und zur Verbesserung der Luftzirkulation in städtischen Gebieten entscheidend sind, um die Auswirkungen der Hitzebelastung zu minimieren.
Nach der erfolgreichen Validierung des Modells wird es zukünftig möglich sein, die Methode auf andere Städte anzuwenden, indem es an die spezifischen Gegebenheiten der jeweiligen Region angepasst wird. Dies könnte einen bedeutenden Fortschritt in der Stadtforschung darstellen, insbesondere in Anbetracht der anstehenden Herausforderungen durch den Klimawandel.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Forschenden spiegelt das Potenzial wider, das durch vernetzte Forschung in großen Zukunftsthemen entsteht. Im Rahmen der Helmholtz-Gemeinschaft wird die Bedeutung solcher Ansätze in der kommenden programmorientierten Förderperiode verstärkt hervorgehoben. Die Ergebnisse dieser Studie sind nicht nur für Freiburg von Bedeutung, sondern bieten auch wertvolle Einblicke für viele andere Städte, die sich auf die kommenden klimatischen Veränderungen vorbereiten müssen.