
Die zunehmenden globalen Temperaturen und die damit einhergehenden Hitzewellen stellen eine erhebliche Bedrohung für die Fruchtbarkeit vieler wichtiger Nutzpflanzen dar. Forscher des Fachbereichs Biologie der Universität Hamburg haben nun einen entscheidenden Mechanismus entdeckt, der Pflanzen hilft, sich vor den schädlichen Auswirkungen von Hitzestress zu schützen. Diese Forschungsergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlicht.
In der Pflanzenwelt, ähnlich wie bei Tieren und Menschen, spielt die sexuelle Fortpflanzung eine zentrale Rolle. Pflanzen bilden Geschlechtszellen, die als Gameten bekannt sind. Ein bekanntes Beispiel sind die Pollen, die männliche Gameten enthalten und bei der Bestäubung mit den weiblichen Gameten im Fruchtknoten interagieren. Die Bildung dieser Gameten ist ein komplexer Prozess, da die Pflanze ihr Erbgut reduzieren muss. Während normale Körperzellen einen doppelten Chromosomensatz besitzen, enthalten Gameten nur einen einfachen Satz. Diese Reduktion ist entscheidend, damit nach der Befruchtung neue Zellen mit dem korrekten doppelten Chromosomensatz entstehen und nicht mit vier Chromosomen-Sätzen.
Ein Schlüsselprotein in diesem Prozess ist das TAM-Protein. Prof. Dr. Arp Schnittger, der die Studie leitete, erklärt, dass diese Proteine unter normalen Temperaturen verstreut im Zellinneren vorkommen. Bei Hitze hingegen agglomerieren sie mit anderen Molekülen zu kleinen Gruppen, die als Stressgranula bekannt sind. Diese Granula scheinen eine schützende Funktion für die Zelle unter Hitzestress zu übernehmen, jedoch bleibt der genaue Mechanismus, wie dies geschieht, bislang unklar.
Um mehr über die Rolle des TAM-Proteins und die Funktion der Stressgranula zu erfahren, führte Prof. Schnittger zusammen mit seinem Team Experimente an der Modellpflanze Arabidopsis thaliana durch. Dazu wurden verschiedene Proteine mit einem fluoreszierenden Marker verbunden, der es ermöglichte, diese Proteine mittels hochauflösender Mikroskopie sichtbar zu machen. In einem weiteren Schritt modifizierten die Forscher die genetische Struktur der TAM-Proteine. Wenn die modifizierten Proteine nicht mehr in die Stressgranula gelangen konnten, führte dies zu fehlerhaften Keimzellen mit einem doppelten Chromosomensatz. Dies zeigt, dass der Transport der TAM-Proteine in die Stressgranula eine entscheidende Rolle für die erfolgreiche Fortpflanzung unter Hitzestress spielt.
In einer weiteren Reihe von Experimenten identifizierten die Forscher eine spezifische Region des TAM-Proteins, die für den Transport in die Stressgranula verantwortlich ist. Dieser Mechanismus ist einzigartig und unterscheidet sich von anderen Proteinen, die nicht über diese spezifische Region verfügen. Prof. Schnittger betont, dass diese Entdeckung einen neuartigen Regulationsmechanismus offenbart, der für die genetisch stabile Fortpflanzung von Pflanzen unter Hitzebedingungen von entscheidender Bedeutung ist.
Diese Erkenntnisse könnten weitreichende Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben. Saatguthersteller könnten diese Entdeckung nutzen, um Pflanzen zu züchten, die über einen besonders ausgeprägten Regulationsmechanismus verfügen, der sie widerstandsfähiger gegen Hitzestress macht. In Anbetracht der Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt, sind solche Entwicklungen unerlässlich, um die Erträge und die Qualität von Nutzpflanzen in Zukunft zu sichern.
Die Studie ist ein bedeutender Schritt in der Pflanzenforschung und zeigt, wie wichtig es ist, die biologischen Mechanismen, die Pflanzen helfen, in einem sich schnell verändernden Klima zu überleben, besser zu verstehen. Durch die Förderung solcher Forschungsprojekte kann die Stadt Hamburg einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung klimaresistenter Pflanzen leisten und damit langfristig zur Sicherung der globalen Nahrungsmittelversorgung beitragen.
Weitere Informationen zur Studie und den zugrunde liegenden Forschungsergebnissen sind auf der Webseite der Universität Hamburg verfügbar.