Innovative Herstellung von Menthol aus Papierindustrie-Nebenprodukten**

Innovative Herstellung von Menthol aus Papierindustrie-Nebenprodukten**

In der Papierindustrie entstehen bei der Verarbeitung von Holz große Mengen an Terpentinöl, das bislang überwiegend zur Energiegewinnung verbrannt wurde. Ein Forschungsteam der Technischen Hochschule Köln hat nun einen innovativen Ansatz entwickelt, um aus diesem Nebenprodukt Menthol zu gewinnen, welches für die Pharma-, Lebensmittel- und Kosmetikbranche von Bedeutung ist. Diese nachhaltige Methode könnte langfristig die auf Erdöl basierende synthetische Mentholproduktion ersetzen.

Terpentinöl wird während der Herstellung von Papier erzeugt, wenn Holzfasern durch Kochen aufbereitet werden. Am Hauptstandort des Partners UPM Kymmene fallen jährlich mehrere zehntausend Tonnen dieses Öls an, das bislang entweder thermisch verwertet oder in Biodiesel umgewandelt wird. Bei der Suche nach alternativen Nutzungsmöglichkeiten konzentrierte sich das Forschungsteam auf die chemische Verbindung 3-Caren, die etwa 30 Prozent des Terpentinöls ausmacht und sich zu Menthol verarbeiten lässt. Die Herausforderung besteht darin, das Terpentinöl in seine einzelnen Bestandteile zu zerlegen, wie Projektleiter Prof. Dr. Matthias Eisenacher von der Fakultät für Angewandte Naturwissenschaften erklärt.

Um 3-Caren aus dem Terpentinöl zu extrahieren, wurde am Campus Deutz eine etwa acht Meter hohe Trennkolonne im Technikumsmaßstab errichtet. Diese Anlage, die individuell in der Werkstatt der TH Köln gefertigt wurde, arbeitet nach dem Prinzip der Rektifikation – einem thermischen Trennverfahren, das die verschiedenen Bestandteile einer Flüssigkeit entsprechend ihrer Siedepunkte trennt. Angesichts der engen Siedepunktverteilung der Bestandteile im Terpentinöl stellt diese Trennung eine besondere Herausforderung dar. Katharina Göbel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Anlagen- und Verfahrenstechnik der TH Köln, erläutert, dass die Rektifikation hier ein komplexes Verfahren darstellt.

Zusätzlich wurde die Möglichkeit der organischen Nanofiltration untersucht, um das Terpentinöl weiter zu zerlegen. Hierbei wurden unterschiedliche kommerzielle Kunststoffmembranen getestet. Die bisherigen Forschungen in diesem Bereich sind noch unzureichend, da die Interaktion zwischen der Ausgangssubstanz, den gewonnenen Stoffen und der Membran komplex ist. Dennoch erzielte das Team vielversprechende Ergebnisse und konnte nachweisen, dass dieser Prozess eine sinnvolle Ergänzung zur Rektifikation darstellt, um neben 3-Caren auch andere wertvolle Stoffe, wie Alpha- und Beta-Pinen, die in der Medizin Anwendung finden, zu gewinnen.

Parallel zur Extraktionsforschung wurde ein Verfahren zur chemischen Synthese von 3-Caren zu Menthol entwickelt. Dabei war es dem Team wichtig, ein industriell umsetzbares Verfahren zu kreieren, das mit möglichst wenigen Syntheseschritten auskommt und gängige Methoden und Anlagenteile verwendet. Letztendlich benötigt das Verfahren vier Schritte, um Menthol herzustellen. Die ersten drei Schritte erreichen eine Ausbeute von über 90 Prozent, was die Praxistauglichkeit unterstreicht. Allerdings liegt die Ausbeute im letzten Schritt bei nur 65 Prozent, was weitere Forschungsanstrengungen, etwa im Bereich der Enzyme, notwendig macht.

Das Forschungsprojekt mit dem Titel „Waste2Menthol – Synthese von Menthol aus Abfällen der Papierindustrie“ wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms FHprofUnt mit rund 660.000 Euro gefördert. Partner in diesem Projekt sind die Symrise AG, ein Unternehmen, das sich auf Duft- und Geschmacksstoffe spezialisiert hat, sowie die Papierfabrik UPM Kymmene.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die TH Köln mit diesem innovativen Ansatz einen wichtigen Schritt in Richtung nachhaltiger Produktion macht. Der Artikel „From Turpentine to (−)-Menthol: A New Approach“ zu diesem Forschungsprojekt ist in der Fachzeitschrift ChemSusChem erschienen. Die TH Köln zählt zu den führenden Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Deutschland und bietet ein inspirierendes Umfeld für Studierende und Forschende aus verschiedenen Disziplinen.