Agroforstsysteme im Weinbau: Bäume als Unterstützer der Reben ohne Qualitätsverlust**

Agroforstsysteme im Weinbau: Bäume als Unterstützer der Reben ohne Qualitätsverlust**

Im Rahmen eines innovativen Projekts haben Wissenschaftler der Universitäten Hohenheim und Freiburg in Zusammenarbeit mit Winzern in Ayl, Rheinland-Pfalz, herausgefunden, dass die Integration von Bäumen in den Weinbau, auch bekannt als Agroforstwirtschaft oder Vitiforstsysteme, signifikante Vorteile für die Wasserversorgung und Nährstoffverfügbarkeit der Reben bietet, ohne die Qualität des Weins zu beeinträchtigen. Dieses Projekt, das auf den langjährigen Erfahrungen des „Arbustum“-Versuchs aus dem Jahr 2007 basiert, zielt darauf ab, die Wechselwirkungen zwischen Weinreben und Bäumen näher zu untersuchen und deren Praxistauglichkeit zu evaluieren.

Agroforstsysteme kombinieren den Anbau von Kulturpflanzen mit Gehölzen wie Bäumen oder Sträuchern. Im Weinbau wird diese Methode als Vitiforst bezeichnet und gilt als zukunftsweisende Lösung für die Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt. Historisch gesehen haben bereits die Römer Bäume als natürliche Rankhilfen für ihre Reben verwendet, und auch heute finden sich in Südeuropa traditionelle Vitiforstsysteme, die Walnüsse oder Olivenbäume zusammen mit Weinreben anbauen. Trotz dieser Tradition sind die genauen Wechselwirkungen zwischen Bäumen und Reben in solchen Systemen noch wenig erforscht.

Die Studie konzentriert sich auf die Rebsorten Riesling und Sauvignon Blanc, die sowohl in alleiniger Kultivierung als auch in Kombination mit Eichen und Pappeln angebaut werden. Die Wahl der Baumarten wurde bewusst getroffen, da Eichen als robust und langsam wachsend gelten, während Pappeln schneller wachsen und mehr Wasser sowie Nährstoffe benötigen. Diese Unterschiede ermöglichen einen direkten Vergleich zwischen den beiden Systemen.

Die Ergebnisse der bisherigen Forschungen sind vielversprechend. Entgegen der Erwartungen konnten die Forscher keinen Konkurrenzkampf zwischen Bäumen und Reben um Wasser feststellen. Im Gegenteil: Die Reben profitierten von einem verbesserten Wasserzugang, insbesondere in trockenen Perioden. Dieses Phänomen, bekannt als „hydraulischer Lift“, beschreibt den Prozess, bei dem tiefwurzelnde Bäume Wasser aus tieferen Bodenschichten nach oben transportieren und somit den flach wurzelnden Reben zugänglich machen. Auch die Stickstoffversorgung der Reben verbesserte sich in den Mischkulturen erheblich, was für das Wachstum und die Qualität der Trauben von entscheidender Bedeutung ist.

Zusätzlich zur Verbesserung der Nährstoffversorgung hat die gemeinsame Kultivierung von Bäumen und Reben auch positive Auswirkungen auf die Bodenlebewesen gezeigt. Während Eichen die mikrobielle Vielfalt förderten, bildeten sich in Kombination mit Pappeln spezialisierte mikrobielle Gemeinschaften. Diese Veränderungen beeinflussen die chemischen Verbindungen, die von den Reben über ihre Wurzeln ausgeschieden werden und sind Teil eines komplexen Wurzel-zu-Wurzel-Kommunikationsprozesses.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt dieser Forschung ist die Frage der Weinqualität. Um diese zu überprüfen, wurden die Trauben aus verschiedenen Anbausystemen separat geerntet und vinifiziert. Die sensorischen und chemischen Analysen ergaben zwar geringe Unterschiede in Zucker- und Säuregehalt, jedoch waren diese nicht signifikant genug, um die Qualität des Weins negativ zu beeinflussen. Die Forscher vermuten, dass die Bäume durch ihre Beschattung das Risiko von Sonnenbrand reduzieren und die Reifung der Trauben in den Herbst verschieben, was den Aromen zugutekommt.

Das Projekt „VitiForst“ hat das Potenzial, den Weinbau nachhaltiger zu gestalten, indem es Ressourcen schont, die Biodiversität fördert und die Resilienz gegenüber extremen Wetterbedingungen verbessert. Es zeigt sich, dass die Einführung von Agroforstsystemen nicht nur ökologische Vorteile mit sich bringt, sondern auch eine Marketingchance darstellt, da Verbraucher zunehmend nach nachhaltig produzierten Produkten verlangen. Dennoch ist es wichtig, die erhöhten Pflegeanforderungen und Kosten bei der Implementierung solcher Systeme zu berücksichtigen.

In der nächsten Projektphase werden an zwei Landesanstalten in Baden-Württemberg neue Versuchsflächen angelegt, um weitere Erkenntnisse über die Effekte von Agroforstsystemen zu gewinnen. Das Ziel ist es, die positiven physiologischen und ökologischen Wechselwirkungen im Weinbau zu nutzen und den Weinbau zukunftssicher zu gestalten.