Tempo 120 auf Autobahnen: Eine neue Studie zeigt signifikante Reduktion von Verkehrsunfällen**

Tempo 120 auf Autobahnen: Eine neue Studie zeigt signifikante Reduktion von Verkehrsunfällen**

Die Diskussion über Tempolimits auf deutschen Autobahnen ist seit Jahren ein kontroverses Thema. Während einige argumentieren, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen die persönliche Freiheit einschränken, plädieren andere für deren Einführung, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Neueste Forschungsergebnisse von Maike Metz-Peeters, einer Wissenschaftlerin an der Ruhr-Universität Bochum, liefern erstmals belastbare Daten zu den Auswirkungen eines Tempolimits von 120 km/h auf Autobahnen. Die Studie, die in der Fachzeitschrift „Transportation Research Part A: Policy and Practice“ veröffentlicht wurde, zeigt, dass eine solche Geschwindigkeitsbegrenzung die Zahl der Verkehrsunfälle mit Schwerverletzten um 26 Prozent und die der Verkehrstoten um 35 Prozent verringern könnte.

In Deutschland gibt es auf vielen Autobahnabschnitten keine Geschwindigkeitsbeschränkungen, was das Land zu einem Paradies für Geschwindigkeitsliebhaber macht. Die Bundesregierung empfiehlt zwar eine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h, es gibt jedoch keine gesetzlich vorgeschriebene Obergrenze. Befürworter eines Tempolimits betonen die potenziellen Sicherheitsgewinne und den Umweltschutz, doch fundierte Daten zur Argumentation fehlten bislang weitgehend. Die letzte umfassende Untersuchung zu Tempolimits fand in den 1970er Jahren statt und ist somit veraltet, da sich sowohl die Fahrzeugtechnik als auch die Straßeninfrastruktur seither erheblich weiterentwickelt haben.

Metz-Peeters hat eine neue Datenbasis geschaffen, die rund die Hälfte des deutschen Autobahnnetzes umfasst und die Jahre 2017 bis 2019 abdeckt. Diese Daten wurden aus verschiedenen Quellen zusammengetragen und beinhalten Details zu Straßenbedingungen, Verkehrsaufkommen, Wetterverhältnissen und regionalen Faktoren. Der innovative Ansatz in ihrer Analyse beruht auf modernen Methoden des maschinellen Lernens, insbesondere den sogenannten Causal Forests, die es ermöglichen, kausale Zusammenhänge besser zu erkennen.

Die Ergebnisse der Studie sind beeindruckend: Ein Tempolimit von 120 km/h könnte nicht nur die Zahl der Unfälle mit Leichtverletzten um 9 Prozent senken, sondern auch die Anzahl der schweren Unfälle drastisch reduzieren. Anhand der Hochrechnungen könnte ein solches Tempolimit jährlich etwa 53 tödliche Unfälle mit 58 Todesopfern, 649 schwere Unfälle mit etwa 904 Schwerverletzten sowie 801 leichte Unfälle mit rund 1.375 Leichtverletzten verhindern. Die ökonomischen Einsparungen durch vermiedene Unfallkosten würden sich auf etwa 216 Millionen Euro jährlich belaufen.

Die Forscherin weist jedoch darauf hin, dass die Schätzung der tatsächlichen Effekte konservativ ist und die realen Zahlen möglicherweise noch deutlicher ausfallen könnten. Die Analyse legt nahe, dass Tempolimits insbesondere an Ein- und Ausfahrten sowie auf weniger befahrenen Strecken besonders wirksam sind. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass bei geringerem Verkehrsaufkommen häufig höhere Geschwindigkeiten gefahren werden, was das Unfallrisiko erhöht.

Trotz dieser vielversprechenden Ergebnisse bleibt unklar, ob sich die Erkenntnisse auf ein allgemeines Tempolimit für alle Autobahnen übertragen lassen. Es ist möglich, dass sich Fahrgewohnheiten anpassen und die Unfallzahlen noch weiter sinken. Andererseits könnte ein allgemeines Tempolimit auch dazu führen, dass die Signalwirkung solcher Beschränkungen verloren geht, was potenziell zu einer Erhöhung der Unfallzahlen auf den zuvor unbeschränkten Abschnitten führen könnte.

Die Ergebnisse der Studie werfen somit wichtige Fragen auf, die in zukünftigen Forschungen weiter untersucht werden sollten. Metz-Peeters betont, dass weitere Analysen nötig sind, um die gesammelten Daten und deren Auswirkungen auf das Fahrverhalten und die Unfallzahlen umfassend zu verstehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Einführung eines Tempolimits von 120 km/h auf deutschen Autobahnen signifikante Vorteile in Bezug auf die Verkehrssicherheit bringen könnte. Die vorliegenden Forschungsergebnisse sind ein entscheidender Schritt in der Debatte über Geschwindigkeitsbegrenzungen und könnten dazu beitragen, die zukünftige Verkehrspolitik in Deutschland nachhaltig zu gestalten.