
Eine neue Untersuchung des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) hat gezeigt, dass der Klimawandel die Verbreitung des potenziell gefährlichen Bakteriums Vibrio vulnificus begünstigt. Dieses Bakterium ist ein natürlicher Bestandteil von Meeresplankton und kann bei Menschen ernsthafte Erkrankungen hervorrufen. Die Studie, die in der Fachzeitschrift „Communications Earth & Environment“ veröffentlicht wurde, bietet nicht nur eine umfassende Analyse der globalen Verbreitung des Pathogen, sondern auch ein Vorhersagemodell, das künftige Veränderungen aufgrund des Klimawandels schätzt.
Vibrionen, zu denen auch Vibrio vulnificus gehört, sind in verschiedenen Gewässern wie offenen Meeren, Küstengebieten, Brack- und Süßgewässern sowie in Sedimenten anzutreffen. Von den über 150 bekannten Arten sind etwa 10 % pathogen und können Infektionen bei Menschen, Fischen und Muscheln verursachen. Vibrio vulnificus kann, insbesondere bei Kontakt mit Wunden, zu schweren Erkrankungen wie Sepsis führen, die unbehandelt tödlich enden können.
Um die Faktoren zu identifizieren, die die Verbreitung von Vibrio vulnificus beeinflussen, hat ein Forschungsteam des IOW mehr als 70.000 Datensätze zur Umwelt-DNA aus marinen Küstengewässern analysiert. Diese Daten wurden über einen Zeitraum von zehn Jahren und aus Gewässern zwischen 78° Süd und 83° Nord gesammelt. Die Ergebnisse zeigen, dass das Bakterium weltweit verbreitet ist, wobei Hotspots vor allem in tropischen Regionen und an der US-Ostküste sowie in Ostasien und der südlichen Ostsee zu finden sind.
Ein besorgniserregender Trend ist die zunehmende Häufigkeit von Nachweisen in höheren Breiten. Zwischen 2013 und 2021 stieg die Anzahl der Nachweise in nördlichen Regionen an, was auf die Erwärmung der Meere durch den Klimawandel hindeutet. Um die Ursachen für die Verbreitung von Vibrio vulnificus besser zu verstehen, kombinierten die Forscher die DNA-Analysen mit Satellitendaten zu Wassertemperatur, Salzgehalt, Strömungen und Chlorophyllkonzentrationen. Mithilfe moderner maschineller Lernverfahren identifizierten die Wissenschaftler mehrere Schlüsselfaktoren, die das Auftreten von V. vulnificus beeinflussen.
Der wichtigste Faktor ist die Wassertemperatur. Das Bakterium wurde fast ausschließlich in Gewässern mit Temperaturen über 15 °C nachgewiesen, was bedeutet, dass höhere Temperaturen das Risiko einer Infektion erhöhen. Auch Phytoplankton-Blüten und deren Zerfall fördern das Wachstum von Vibrio vulnificus, da die freigesetzten Nährstoffe das Bakterium begünstigen. Der Salzgehalt spielt ebenfalls eine wesentliche Rolle, wobei das Bakterium besonders häufig in Gewässern mit mittleren Salzgehalten von 5 bis 20 ‰ vorkommt. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Strömungsgeschwindigkeit des Wassers: Geringe Strömungen sind mit höheren Nachweisen von V. vulnificus verbunden, während starke Strömungen das Bakterium eher zurückhalten.
Mit diesen Erkenntnissen entwickelten die Forscher ein prädiktives Modell, das es ermöglicht, Hochrisikogebiete für Vibrio vulnificus zu identifizieren. Dieses Modell wurde durch Daten aus der Ostsee und Infektionsstatistiken aus Anrainerstaaten validiert und zeigte eine hohe Übereinstimmung mit dokumentierten Infektionsfällen in Schweden und Deutschland.
Da Vibrio vulnificus ein natürlicher Bestandteil des marinen Ökosystems ist, sind Menschen regelmäßig diesem Bakterium ausgesetzt, insbesondere beim Baden oder durch den Verzehr kontaminierter Meeresfrüchte. Gesunde Personen können in der Regel Infektionen abwehren, jedoch sind ältere Menschen und Personen mit geschwächtem Immunsystem besonders gefährdet. Unbehandelte Infektionen können innerhalb kürzester Zeit zu schwerwiegenden Erkrankungen führen, wobei die Sterberate bei bis zu 50 % liegen kann.
Die Ergebnisse dieser Studie belegen eindrücklich, dass der Klimawandel das Risiko von Vibrio-Infektionen erhöht. Die Kombination aus steigenden Temperaturen, zunehmenden Algenblüten und dem demografischen Wandel könnte dazu führen, dass mehr Menschen gefährdet sind. Mit dem neuen Modell hoffen die Forscher, realistische Risikoszenarien und Karten zu erstellen, die Küstenregionen