
Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen der Menschheit, und die Frage, wie wir effektive Klimapolitik umsetzen können, ohne soziale Ungleichheiten zu verstärken, ist von zentraler Bedeutung. Eine neue Studie, die in den renommierten Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde, untersucht, wie eine CO₂-Bepreisung, die mit Rückverteilungen kombiniert wird, sowohl die Energiewende vorantreiben als auch die soziale Gerechtigkeit fördern kann. Diese Ansätze könnten nicht nur die Klimaziele unterstützen, sondern auch zur Verringerung wirtschaftlicher Ungleichheiten beitragen, was entscheidend für die gesellschaftliche Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen ist.
Simon Feindt, ein Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Mitautor der Studie, betont, dass die negativen Folgen des Klimawandels und die damit verbundenen Kosten nicht gleichmäßig verteilt sind. Diese Unterschiede zeigen sich sowohl zwischen den Ländern als auch innerhalb der Gesellschaften. Insbesondere benachteiligte Bevölkerungsgruppen könnten überproportional von den finanziellen Lasten betroffen sein, was die Unterstützung für notwendige Klimapolitik gefährden könnte. Ein gut durchdachtes System der CO₂-Bepreisung könnte jedoch die notwendigen finanziellen Mittel generieren, um die ärmsten Haushalte zu entlasten.
Die vorliegende Studie setzt sich mit den wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen verschiedener CO₂-Bepreisungsmodelle auseinander, die in 179 Ländern angewendet werden könnten. Dabei werden unterschiedliche Szenarien analysiert: Zum einen wird geprüft, wie sich ein global einheitlicher CO₂-Preis im Vergleich zu einem länderspezifischen Preismodell auswirkt. Zum anderen wird die Art und Weise, wie die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung zurückverteilt werden, kritisch betrachtet.
Die Ergebnisse zeigen, dass eine CO₂-Bepreisung, die darauf abzielt, die Erderwärmung auf maximal 2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, das Wohlergehen im Vergleich zu einem Szenario ohne Klimaschutzmaßnahmen erheblich verbessern kann. Ein Beispiel hierfür ist eine hypothetische Situation, in der ein global einheitlicher CO₂-Preispfad verfolgt wird und die Rückverteilung der Einnahmen ebenfalls global einheitlich erfolgt. In diesem Szenario würden die ärmsten Länder relativ gut abschneiden, da sie weniger CO₂ emittieren und somit auch niedrigere Kosten tragen würden. Dennoch würden die ärmeren Bevölkerungsschichten in den wohlhabendsten Ländern im Durchschnitt Einkommen verlieren, was die praktische Umsetzbarkeit eines solchen Modells in Frage stellt.
Eine vielversprechendere Variante könnte eine Rückverteilung der Einnahmen auf nationaler Ebene sein, die sicherstellt, dass die ärmere Hälfte der Bevölkerung in jedem Land profitiert. In diesem Modell bleibt der CO₂-Preis global einheitlich, während die finanziellen Mittel zur Kompensation von Klimaschäden in den globalen Süden fließen. Ein solches System könnte dazu führen, dass bis 2030 rund 100 Milliarden Dollar und bis 2050 etwa 500 Milliarden Dollar in ärmere Länder transferiert werden, was etwa 5 bis 15 Prozent der globalen CO₂-Preis-Einnahmen ausmacht.
Die Studie schlägt auch eine differenzierte CO₂-Bepreisung vor, die den unterschiedlichen nationalen Rahmenbedingungen Rechnung trägt und gleichzeitig eine Rückverteilung auf nationaler Ebene ermöglicht. Marie Young-Brun, die Studienleiterin, verweist darauf, dass der bereits bestehende „Loss-and-Damage“-Mechanismus, der reiche Länder zur Zahlung für Klimaschäden im globalen Süden verpflichtet, als Modell für die Rückverteilung der CO₂-Einnahmen dienen kann. Die Unterstützung der ärmeren Bevölkerung, auch in wohlhabenden Ländern, könnte dazu beitragen, die Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen erheblich zu steigern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Verbindung von Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit nicht nur notwendig, sondern auch möglich ist. Durch gut durchdachte CO₂-Bepreisungsstrategien, die Rückverteilungen und internationale Solidarität einbeziehen, können wir sowohl die Erderwärmung bekämpfen als auch die sozialen Ungleichheiten verringern. Dies könnte der Schlüssel zur breiten Unterstützung für Klimaschutzmaßnahmen weltweit sein.