
Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) hat in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern ein innovatives Verfahren entwickelt, das die Wiederverwertung von Spanplatten ermöglicht. Diese Methode könnte einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen Nutzung von Holz in der Bau- und Möbelindustrie leisten. Das Projekt, das unter dem Namen „Recycling von Spanholzwerkstoffen“ (ReSpan) bekannt ist, zeigt auf, wie Altholz effizient in neue Produkte umgewandelt werden kann, ohne dass dabei neues Material benötigt wird.
Spanplatten sind in der heutigen Bau- und Möbelbranche von großer Bedeutung. Sie zeichnen sich durch ihre hohe Stabilität, einfache Verarbeitung und eine effektive Materialnutzung aus. Bisher endete jedoch der Lebenszyklus der meisten Spanplatten nach ihrer Nutzung oft in der Verbrennung. Das neue Verfahren des Fraunhofer IAP zielt darauf ab, diesen Kreislauf zu schließen und Holzwerkstoffe zu 100 Prozent wiederverwertbar zu machen. Dies geschieht ohne die Zugabe neuer Holzspäne oder Klebstoffe.
Im Rahmen des Projekts wurde ein vollständig stoffliches Verwertungskonzept für Holzwerkstoffe erprobt. Dr. Mathias Köhler, der das Projekt leitet, erläutert, dass gebrauchte Möbel oder Holzbauteile zunächst zerkleinert und anschließend in einem speziell entwickelten Prozess behandelt werden. Ein neuartiges Recyclingagens wird eingesetzt, um die bestehenden Harz-Klebstoffe teilweise zu lösen und gezielt zu reaktivieren. Ein bemerkenswerter Aspekt dieses Verfahrens ist die Möglichkeit, das verwendete Recyclingagens zu etwa 95 Prozent zurückzugewinnen, sodass es mehrfach verwendet werden kann, ohne an Effektivität zu verlieren.
Der chemische Prozess wurde bereits erfolgreich in einem Technikumsmaßstab am Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum für Polymersynthese und -verarbeitung umgesetzt. Die erhaltene Recyclingmasse kann anschließend in herkömmlichen Anlagen zu neuen Spanplatten verarbeitet werden. Im Rahmen des Projekts wurde in Zusammenarbeit mit der System 180 GmbH ein innovatives Möbelstück gefertigt, das die Praxistauglichkeit des Verfahrens demonstriert. Um die Qualität der neuen Produkte zu gewährleisten, wurden zudem Emissionsmessungen von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) durchgeführt.
Ein wichtiger Partner in diesem Projekt ist die PreZero Holz GmbH, die die Sortierstrategien für Altholz analysiert und die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens bewertet. Darüber hinaus hat die Pfeifer Holz Lauterbach GmbH wertvolle Erfahrungen aus der industriellen Verarbeitung von Spanholzwerkstoffen in das Projekt eingebracht.
Das neu entwickelte Verfahren bietet insbesondere Potenzial für die Herstellung von Holzwerkstoffen im Bauwesen sowie für die Möbelproduktion. Francesco Coccia, der Leiter der Vermarktung bei System 180 GmbH, hebt hervor, dass dieses Verfahren neue Möglichkeiten eröffnet, nachhaltiges Design mit funktionalen Aspekten zu verbinden. Die Verwendung von Werkstoffplatten aus recyceltem Holz könnte sowohl ökologisch als auch ästhetisch von Vorteil sein.
Um das Verfahren in der Industrie weiter zu implementieren und weiterzuentwickeln, sucht das Konsortium gezielt nach neuen Projektpartnern, insbesondere in den Bereichen Sortierung, Recycling, Harzproduktion sowie in der Holzverarbeitung und Möbelherstellung. Dr. Köhler betont, dass die Branche zunehmend unter Druck steht, Produkte zu entwickeln, die nicht nur langlebig, sondern auch wiederverwertbar sind. Dies geschieht vor dem Hintergrund steigender regulatorischer Anforderungen an Emissionen und Sicherheitsstandards.
Das Fraunhofer IAP engagiert sich aktiv dafür, Unternehmen bei der Entwicklung kreislauffähiger Produkte zu unterstützen. Neben der Materialentwicklung und der Verbesserung der Materialeigenschaften hilft das Institut Firmen auch, regulatorische Anforderungen zu erfüllen, etwa in Bezug auf geringe Ausgasungen und die Verbesserung der Brand- und Belastbarkeitseigenschaften, die für Bauanwendungen entscheidend sind.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das, was einst als Reststoff galt, sich als wertvoller Rohstoff für die industrielle Weiterverarbeitung erweisen kann – und das ganz ohne die Notwendigkeit neuer Materialien. Wenn es gelingt, Altholz im Kreislauf zu halten, kann dies nicht nur den Bedarf an Frischholz erheblich reduzieren, sondern auch einen signifikanten Beitrag zur Ressourcenschonung leisten. Das Projekt zeigt auf, wie Materialkreisläufe im Bausektor etabliert werden können – ein Ziel, das im Rahmen der Holzbauinitiative des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) konsequent verfolgt wird.