
Ein Forschungsteam der Universität Bielefeld hat sich intensiv mit dem Thema Inklusion bei wissenschaftlichen Konferenzen befasst. Im Rahmen der internationalen Konferenz „Behaviour 2023“, die sich mit Verhaltensforschung beschäftigte, wurde untersucht, wie solche Veranstaltungen gerechter und inklusiver gestaltet werden können. Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „Ecology & Evolution“ veröffentlicht.
Rebecca Chen, die Hauptautorin der Studie, betont, dass Wissenschaft von Vielfalt profitiert, diese Vielfalt jedoch nicht automatisch bei Konferenzen sichtbar wird. Ein Team von 25 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Studierenden der Fakultät für Biologie war nicht nur für die Organisation der Tagung verantwortlich, sondern nutzte diese auch, um Inklusion systematisch zu erfassen. Dabei wurden über 1.300 Fragen analysiert, die während der Diskussionsrunden gestellt wurden. Das Team untersuchte, wer die Fragen stellte, ob bestimmte Gruppen unterrepräsentiert waren und inwieweit gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Inklusion wirkten. Zusätzlich wurden die Rückmeldungen von mehr als 300 Teilnehmenden zu ihrer Konferenzerfahrung ausgewertet.
Eine der zentralen Erkenntnisse der Studie war, dass Frauen seltener Fragen stellten. Dies geschah nicht, weil sie übergangen wurden, sondern weil sie sich weniger häufig zu Wort meldeten. Die Annahme, dass Moderatorinnen und Moderatoren dies ausgleichen könnten, indem sie Frauen gezielt ansprechen, bestätigte sich nicht. Zudem fanden die Forscher, dass Menschen, die sich als nicht-binär identifizieren oder aus dem Globalen Süden stammen, vor zusätzlichen Herausforderungen standen. Auch Teilnehmende, die ihre Englischkenntnisse oder Fachkompetenz als geringer einschätzten, berichteten von einer negativen Konferenzerfahrung.
Die Studie zeigt jedoch, dass bereits kleine Maßnahmen eine große Wirkung entfalten können. Beispielsweise könnten klar sichtbare Verhaltensrichtlinien (Code of Conduct) oder kostenlose Kinderbetreuung dazu beitragen, die Inklusion zu fördern. Tuba Rizvi, eine der Ko-Autorinnen, hebt hervor, dass die Konferenz „Behaviour 2023“ von vier Abteilungen der Fakultät für Biologie organisiert wurde und ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt wurde, der enge Kooperationen mit den Sozialwissenschaften einschloss. Unterstützt wurde das Projekt von der Gleichstellungskommission der Universität und der Abteilung für Verhaltensökologie.
Die Ergebnisse dieser Forschung sollen dazu beitragen, dass Konferenzen nicht nur in der Biologie, sondern auch in anderen wissenschaftlichen Disziplinen vielfältiger und gerechter gestaltet werden. Die Studie ist insofern einzigartig, als dass sie Verhaltensdaten, experimentelle Elemente und eine groß angelegte Befragung parallel während einer Live-Veranstaltung erhob. Der organisatorische Aufwand war hoch, doch die Resultate haben gezeigt, dass solche Anstrengungen lohnenswert sind. „Mit den richtigen Strukturen und Praktiken kann Inklusion vom Ziel zu einer Selbstverständlichkeit werden“, erklärt Rizvi weiter.
Die Veröffentlichung der Studie liefert zudem praktische Empfehlungen für zukünftige Organisatoren von Konferenzen. Die Forschenden zeigen auf, dass Inklusion nicht nur eine Frage des guten Willens ist, sondern das Ergebnis einer bewussten und zielgerichteten Gestaltung der Veranstaltungsformate.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Untersuchung des Forschungsteams aus Bielefeld wichtige Impulse für die Gestaltung von Konferenzen gibt. Durch gezielte Maßnahmen können Barrieren abgebaut werden, die die Teilhabe an wissenschaftlichen Diskursen für viele Menschen erschweren. Die Erkenntnisse dieser Studie könnten dazu führen, dass zukünftige Konferenzen nicht nur ein Ort des Wissensaustausches, sondern auch ein Raum der Vielfalt und Inklusion werden.