Wiederbelebung des Nord-Aralsees: Ein Schritt in Richtung ökologischer Erneuerung**

Wiederbelebung des Nord-Aralsees: Ein Schritt in Richtung ökologischer Erneuerung**

Der Nord-Aralsee, einst der viertgrößte See der Welt, hat durch gezielte Maßnahmen zur Renaturierung eine bemerkenswerte Veränderung erfahren. Nachdem der Aralsee seit den 1960er Jahren aufgrund von Missmanagement und übermäßiger Wasserentnahme nahezu vollständig ausgetrocknet war, gibt es nun Anzeichen einer ökologischen Wiederherstellung. Eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) bestätigt, dass der physikalische Zustand des Nord-Aralsees sich wieder dem Niveau vor seiner Austrocknung annähert. Dies ist ein bedeutender Fortschritt in der Rekonstruktion eines Ökosystems, das über Jahrzehnte schwer gelitten hat.

Die dramatische Veränderung des Aralsees begann in der Sowjetära, als die Flüsse Amudarya und Syrdarya umgeleitet wurden, um die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen zu unterstützen. Diese Maßnahmen führten dazu, dass der See in den 1960er Jahren zu schrumpfen begann und schließlich etwa 90 Prozent seines Wasservolumens verlor, was zur Bildung der Aralkum-Wüste führte. Um dem entgegenzuwirken, wurde 2005 der Kokaral-Damm errichtet, der den Nord-Aralsee vom südlichen Teil des Sees abtrennte. Diese bauliche Maßnahme hat sich nun als effektiv erwiesen.

Die Studie des IGB zeigt, dass der Nord-Aralsee durch diese Intervention wieder eine ausreichende Durchmischung der Wasserschichten aufweist. Dies ist entscheidend, um die Nährstoffverteilung und die Sauerstoffversorgung im Wasser zu gewährleisten. Der Sauerstoffgehalt im See hat sich erheblich verbessert, was sich positiv auf die Artenvielfalt von Mikroorganismen und Fischen auswirkt. IGB-Forscher Dr. Georgiy Kirillin, der die Studie leitete, betont die Bedeutung dieser Entwicklungen: „Die Zunahme des Wasservolumens und die Abnahme des Salzgehalts haben den Sauerstoffgehalt im gesamten See deutlich erhöht.“

Zwischen 2006 und 2020 wuchs die Fläche des Nord-Aralsees von 2.800 auf 3.400 Quadratkilometer, während der Salzgehalt von 18 Gramm pro Kilogramm im Jahr 2002 auf etwa 10 Gramm im Jahr 2014 gesenkt wurde. Diese Werte entsprechen in etwa dem natürlichen Salzgehalt des Sees vor seiner dramatischen Austrocknung. Die Forschungsteams analysierten umfassend die physikalischen Eigenschaften des Sees, einschließlich Temperaturänderungen und der Verteilung von Nährstoffen und Sauerstoff.

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass im Sommer nur eine schwache Temperaturschichtung im Nord-Aralsee auftritt, was die Sauerstoff- und Nährstoffverteilung begünstigt. Trotz der milden Schichtung sorgt die Dynamik interner Wellen dafür, dass die Wassersäule gut durchmischt bleibt. Im Gegensatz dazu zeigt der südliche Teil des Aralsees, der nicht von den Sanierungsmaßnahmen profitiert hat, gravierende Probleme. Die dortige hohe Salzkonzentration hat die Durchmischung nahezu vollständig unterbunden, was zu einem sauerstoffarmen Milieu und einer drastischen Abnahme der Artenvielfalt führt.

Trotz der positiven Entwicklungen im Nord-Aralsee ist die Situation weiterhin fragil. Künftige Wasserentnahmen und der Klimawandel könnten den Fortschritt gefährden. Modellstudien zeigen, dass bereits kleine Veränderungen im Wasserstand oder in der Wassertransparenz die Stabilität des Ökosystems beeinträchtigen können. Dr. Kirillin warnt: „Der erhöhte Wasserverbrauch im Einzugsgebiet könnte vor dem Hintergrund des Klimawandels zu einer plötzlichen Verschlechterung des Zustands des Sees führen.“

Die erfolgreiche Wiederherstellung des Nord-Aralsees dient als Beispiel für ähnliche Projekte weltweit. Viele Seen leiden unter den Folgen menschlicher Eingriffe und Klimaveränderungen. Renaturierungsprojekte, wie der Vorschlag, Wasser aus dem Kongo-Becken in den Tschadsee zu leiten oder den Bau eines Kanals vom Roten Meer zum Toten Meer, zeigen das Potenzial und die Herausforderungen solcher Maßnahmen auf.

Die Ergebnisse der Aralsee-Studie sind nicht nur wissenschaftlich bedeutsam, sondern bieten auch wertvolle Erkenntnisse für zukünftige Renaturierungsprojekte. Sie illustrieren, wie durch gezielte Maßnahmen ein stark geschädigtes Ökosystem revitalisiert werden kann, und setzen somit einen Hoffnungsschimmer für andere vom Austrocknen bedrohte Gewässer.