Die Nutzung von Smartphones zur Erkennung und Analyse von Erdbeben hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Eine aktuelle Studie, die in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurde, zeigt, wie die Beschleunigungssensoren in Mobiltelefonen eine neue Dimension in der Erdbebenforschung eröffnen können. Forscher aus Italien, Deutschland und Frankreich haben gemeinsam herausgefunden, dass diese Geräte nicht nur zur Erfassung von seismischen Aktivitäten geeignet sind, sondern auch zur Erstellung detaillierter Karten, die die Bodenverhältnisse in urbanen Gebieten darstellen.
Ein Erdbeben hat unterschiedliche Auswirkungen auf die Bevölkerung und Infrastruktur, die nicht nur von der Stärke und Tiefe des Erdbebens abhängen, sondern auch von den lokalen geologischen Bedingungen. Diese Bedingungen können als „Standort-Effekt“ bezeichnet werden, der die Intensität der Erschütterungen beeinflusst. Um gezielt Maßnahmen zur Risikominderung zu ergreifen, ist es unerlässlich, diese Effekte präzise zu kartieren. Die neue Studie zeigt, dass die Smartphone-Technologie dazu beitragen kann, solche hochauflösenden Karten zu erstellen.
Im Rahmen der Untersuchung arbeiteten die Wissenschaftler mit Daten von Bürgern, die ihre Smartphones im Erdbebennetzwerk (EQN) zur Verfügung stellten. Dieses 2013 gegründete Projekt hat bereits über 20 Millionen Teilnehmer mobilisiert, die ihre Geräte zur Erkennung von Erdbeben nutzen. Bei einem seismischen Ereignis registrieren die Smartphones die Erschütterungen und senden diese Informationen an einen zentralen Server. So können Warnungen innerhalb von Sekunden an Personen in der Umgebung ausgegeben werden, was wertvolle Zeit für Schutzmaßnahmen bietet.
Bisher war jedoch unklar, ob Smartphones auch zur präzisen Kartierung der Bodenerschütterungen genutzt werden können. Die Forscher erkannten, dass die Messungen von Smartphones durch zahlreiche Faktoren beeinflusst werden, darunter die Bauweise der Gebäude und die Position des Geräts. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, entwickelten sie ein räumliches statistisches Modell, das es ihnen ermöglichte, die Geräuscheffekte auszugleichen und die zugrunde liegenden Verstärkungsmuster zu identifizieren. Durch die Aggregation der Daten von mehreren tausend Smartphones konnten sie hochauflösende Karten erstellen, die ein viel detaillierteres Bild der seismischen Aktivitäten boten als traditionelle seismische Stationen.
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die Wirksamkeit dieser Methode ist die Region Campi Flegrei in der Nähe von Neapel, Italien. Diese vulkanisch aktive Zone, die rund 500.000 Menschen beherbergt, erlebte im Jahr 2024 eine Phase intensiver seismischer Aktivitäten. Während dieser Zeit konnten die Forscher auf Daten von 7.000 bis 9.000 Smartphones zugreifen, die in der sogenannten „roten Zone“ aktiv waren, im Vergleich zu lediglich 29 herkömmlichen seismischen Stationen. Diese großangelegte Sammlung von Daten ermöglichte den Wissenschaftlern die Erstellung einer der ersten hochauflösenden Verstärkungskarten für diese Region.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Verstärkung der Erschütterungen in der „roten Zone“ stark variierte – von einer Dämpfung im Osten bis hin zu einer signifikanten Verstärkung im Südwesten. Solche Informationen sind von entscheidender Bedeutung für Notfallteams, die im Falle neuer Erdbeben auf präzise Daten angewiesen sind, um effektive Rettungs- und Schutzmaßnahmen zu planen. Die so erstellten Karten, bekannt als „ShakeMaps“, geben einen detaillierten Überblick über die Intensität der Erschütterungen in verschiedenen Gebieten und sind unverzichtbar für die Schadensbewertung und die Organisation von Notfallmaßnahmen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Studie verdeutlicht, wie die Kombination aus Smartphone-Daten und traditionellen seismologischen Methoden die Erstellung hochauflösender Karten erheblich verbessert. Diese Innovation ist besonders relevant für städtische Gebiete, in denen die Bevölkerungsdichte und die damit verbundenen Risiken deutlich höher sind. Mit einer wachsenden Stadtbevölkerung und dem damit verbundenen Bedarf an präzisen seismischen Informationen könnte diese Technologie einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Erdbebensicherheit leisten.


















































