Lawinen spielen eine entscheidende Rolle für die Stabilität vieler Gletscher auf unserem Planeten. Eine internationale Forschungsgruppe hat die Auswirkungen von Lawinen auf die Massenbilanz aller 200.000 Gletscher weltweit untersucht. Diese Erkenntnisse sind von großer Bedeutung, um die zukünftigen Wasserressourcen und Naturgefahren im Kontext des Klimawandels besser einschätzen zu können.
Die Studie wurde von einem Glaziologenteam unter der Leitung der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass in den Alpen etwa 11 Prozent des Schmelzwassers, das Gletscher speist, aus Lawinen stammt. In Neuseeland ist dieser Anteil mit 22 Prozent sogar noch höher. Interessanterweise entfernen Lawinen in den Anden mehr Schnee, als sie hinzufügen, was die Gletscher dort zusätzlich belastet.
Um die Zukunft der Gletscher besser zu verstehen, ist es wichtig, das Gleichgewicht zwischen Schneeakkumulation und Eisschmelze zu betrachten. In einer sich erwärmenden Welt hat sich dieses Gleichgewicht jedoch verschoben, was zu einem Rückgang der Gletscher führt. „Um die Entwicklung der Gletscher in Zukunft vorherzusagen, müssen wir wissen, wie viel Schnee auf ihre Oberfläche fällt“, erklärt Marin Kneib, ein Glaziologe an der WSL und der ETH Zürich.
In der Vergangenheit wurde der Einfluss von Lawinen auf Gletscher oft vernachlässigt. Die Forscher haben festgestellt, dass in den Alpen bis zu 20 Prozent des auf Gletscher fallenden Schnees von Lawinen stammen können. Diese Entdeckung war überraschend, da man zuvor nicht mit einem solch signifikanten globalen Einfluss gerechnet hatte. In den Alpengletschern ist der durchschnittliche Anteil der Lawinenschneebildung 11 Prozent, während in anderen Regionen wie dem östlichen Himalaya dieser Wert auf 19 Prozent steigt. Bei einigen Gletschern in Neuseeland kann der Anteil sogar über 50 Prozent betragen.
Besonders kleine Gletscher profitieren von Lawinen, da diese dazu beitragen können, dass sie trotz des Klimawandels länger bestehen bleiben als ursprünglich angenommen. Prognosen zeigen, dass Gletscher mit einer Fläche von weniger als einem Quadratkilometer, wie der Läntagletscher, dreimal weniger Eis verlieren könnten als bisher angenommen, zumindest unter günstigen Klimabedingungen. Der Rückzug der Gletscher unter dem Einfluss des Klimawandels wird jedoch weiterhin dramatische Auswirkungen haben, da bis zum Jahr 2100 mehr als 80 Prozent des Eisvolumens in den Alpen verloren gehen könnten.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Lawinen nicht immer nur Schnee zu den Gletschern bringen. In steilen Gebirgen können sie auch dazu führen, dass Schnee von den Gletschern abgetragen wird. In den tropischen Anden beispielsweise verlieren Gletscher durch Lawinen etwa 8 Prozent des Schneefalls, was ihre Massenbilanz negativ beeinflusst. Diese Erkenntnisse sind besonders relevant, da das Schmelzen von Gletschern nicht nur die Wasserressourcen betrifft, sondern auch das Risiko von Naturkatastrophen erhöht.
Für die Studie wurden zwei verschiedene Modelle kombiniert: ein globales Gletschermodell und ein Modell zur Berechnung der Schneeverfrachtung. Letzteres machte den lokalen Einfluss von Lawinen sichtbar, was mit den bisherigen Gletschermodellen nicht erfasst werden konnte. Diese verbesserten Erkenntnisse sind entscheidend, um die Abflüsse in die Täler besser zu modellieren, was Auswirkungen auf die Wasserkraft, Naturgefahren und die Landwirtschaft hat.
Die Forscher betonen, dass dies nur der erste Schritt in der Untersuchung dieses bisher wenig erforschten Prozesses ist. Um die Modelle weiter zu verfeinern und genauere Prognosen abzugeben, sind zusätzliche Messdaten von Lawinen erforderlich, die sowohl durch Beobachtungen vor Ort als auch durch Fernerkundung gewonnen werden müssen.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass Lawinen eine wesentliche Rolle für das Überleben und die Stabilität von Gletschern spielen. Ihre Bedeutung wird voraussichtlich zunehmen, während sich die Gletscher aufgrund des Klimawandels zurückziehen. Um die komplexen Wechselwirkungen zwischen Lawinen und Gletschern besser zu verstehen, sind weitere Forschungen erforderlich.


















































