Antarktis: Die Eiswüste mit den niedrigsten Eiskeim-Konzentrationen der Welt**

Antarktis: Die Eiswüste mit den niedrigsten Eiskeim-Konzentrationen der Welt**

Eine aktuelle Studie hat ergeben, dass die Antarktis, die größte Eiswüste der Erde, die geringste Konzentration von Eiskeimen in der Atmosphäre aufweist. Dies wurde von einem internationalen Forschungsteam unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) festgestellt. Die Forschungsergebnisse basieren auf neuartigen Filtermessungen von Wolkenpartikeln, die an drei verschiedenen Standorten in der Antarktis durchgeführt wurden. Diese Messungen sind die ersten ihrer Art auf diesem Kontinent und liefern wichtige Informationen, um eine bestehende Wissenslücke zu schließen.

Die Studie, die im Fachjournal „Geophysical Research Letters“ veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Wolken über der Antarktis mehr unterkühltes Wasser enthalten und weniger Eiskristalle bilden als vergleichbare Wolken in der Nordhalbkugel. Dies könnte erklären, warum sich die Südhalbkugel nicht so stark erwärmt wie die Nordhalbkugel. Die Forscher argumentieren, dass die geringere Anzahl an Eiskeimen in der Antarktis, die als Katalysatoren für die Eisbildung fungieren, dazu führt, dass die Wolkentropfen in dieser Region flüssig bleiben.

Seit langem ist bekannt, dass die Wolken rund um die Antarktis mehr Wasser und weniger Eis enthalten. Allerdings fehlten bislang detaillierte Daten, um die klimatischen Modelle, die meist auf den Bedingungen der Nordhalbkugel basieren, anzupassen. Die neu gewonnenen Erkenntnisse über die Eiskeime liefern nun eine wichtige Basis für zukünftige Klimamodelle. Um weitere Daten zu sammeln, werden Flüge des deutschen Forschungsflugzeugs HALO sowie Expeditionen der Antarktis im Rahmen des internationalen Projekts „Antarctica InSync“ zwischen 2026 und 2030 durchgeführt.

Die Unsicherheiten in Klimamodellen sind häufig auf die Wolkenbildung zurückzuführen. Der Eisbildungsprozess in Wolken wird durch Eiskeimbildende Partikel (INPs) beeinflusst, die es den Wassertröpfchen ermöglichen, bei Temperaturen über -38°C zu gefrieren. In der Antarktis, wo die Konzentration dieser Partikel in der sauberen Atmosphäre extrem niedrig ist, zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den Modellvorhersagen und den tatsächlichen Messungen.

Weltweit betrachtet machen mineralische Staubpartikel bei niedrigen Temperaturen den Großteil der Eiskeime aus, während bei höheren Temperaturen biologische Partikel, die Proteine oder Polysaccharide enthalten, dominieren. In vielen Regionen zeigt sich ein klarer jahreszeitlicher Verlauf, mit einem Maximum an Eiskeimen im Sommer und einem Minimum im Winter. Während solche jahreszeitlichen Schwankungen in der Arktis beobachtet werden konnten, fehlten bisher verlässliche Daten aus der Antarktis.

Für die aktuelle Studie wurden Aerosolpartikel in der Antarktis gesammelt und im Labor des TROPOS analysiert. Dabei kamen spezielle Geräte zum Einsatz, die die Anzahl der Eiskeime bei unterschiedlichen Temperaturen zählten. Die wichtigsten Proben stammten von der deutschen Forschungsstation Neumayer III, wo zwischen 2019 und 2021 Daten über zwei komplette Jahre erfasst werden konnten. Diese Zeitreihe ist einzigartig und besonders wertvoll, da sie auch Messungen im antarktischen Winter umfasst.

Die Analyse der Eiskeime ergab, dass an den beiden untersuchten Antarktis-Stationen Neumayer III und Princess Elisabeth die Werte so niedrig wie nie zuvor waren. Diese Ergebnisse deuten auf eine geringe biologische Aktivität hin, was die geringe Anzahl an biologisch bedingten Eiskeimen erklärt. Über dem Meer an der Antarktischen Halbinsel lagen die Eiskeim-Konzentrationen im Vergleich zu früheren Messungen im Südlichen Ozean, jedoch waren sie an den Forschungsstationen alarmierend niedrig.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ergebnisse der Studie wichtige Einblicke in die atmosphärischen Bedingungen in der Antarktis geben und dazu beitragen könnten, das Verständnis der klimatischen Veränderungen in dieser Region zu verbessern. Mit der Möglichkeit, dass die Konzentration von Eiskeimen aufgrund der Klimaerwärmung in Zukunft zunehmen könnte, sind die aktuellen Messungen entscheidend für die Bewertung der potenziellen Auswirkungen künftiger Veränderungen. In den kommenden Jahren werden weitere Untersuchungen durchgeführt, um die Eiskeim-Dynamik in der Antarktis besser zu verstehen und ihre Relevanz für globale Klimamodelle zu klären.