Eine aktuelle Studie der Technischen Universität Graz hat aufgedeckt, dass der Abrieb von Reifen und Fahrbahnen die Hauptquelle für Partikelemissionen im Straßenverkehr darstellt. Diese Erkenntnis ist besonders relevant, da sie die oft als vorrangig betrachteten Abgasemissionen in den Hintergrund drängt. Der Forschung zufolge tragen Partikel, die durch die Verbrennung von Kraftstoffen entstehen, kaum noch signifikant zu den Feinstaubemissionen bei. Tatsächlich machen sie weniger als zehn Prozent der gesamten Partikelemissionen von Pkw und Lkw aus.
Diese Untersuchung wurde von der TU Graz in Zusammenarbeit mit der Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen in Deutschland durchgeführt. Der Fokus lag darauf, die nicht-abgasbasierten Emissionen der gegenwärtigen europäischen Pkw-Flotte zu analysieren. Durch den Anstieg der Elektrofahrzeuge und die Effektivität moderner Technologien wie Abgas-Partikelfiltern, die seit Einführung der Abgasnormen EURO 5 und EURO 6 in Kraft sind, haben die Emissionen von Verbrennungsmotoren in alltäglichen Verkehrssituationen erheblich abgenommen.
Die Studie hebt hervor, dass der größte Anteil der Partikelemissionen mittlerweile durch den Abrieb von Bremsen, Reifen und Straßenbelägen sowie durch die Wiederaufwirbelung von Partikeln durch den Verkehr verursacht wird. In Bezug auf die Bremsen wird ein dramatischer Rückgang der Emissionen erwartet. Laut Stefan Hausberger, dem Leiter der Studie, könnte die Einführung der Euro-7-Emissionsnorm im Jahr 2026 zu einer Reduktion der Bremsemissionen um bis zu 80 Prozent bis 2040 führen. Dies sei möglich durch innovative Bremstechnologien, wie Hartmetallbeschichtungen, und die verstärkte Nutzung von Rekuperation bei Elektrofahrzeugen, die weniger herkömmliches Bremsen benötigen.
Im Gegensatz dazu ist die Situation beim Reifenabrieb weniger optimistisch. Angesichts der Notwendigkeit, auf der Straße ausreichend Haftung und Sicherheit zu gewährleisten, wird eine signifikante Reduzierung des Reifenabriebs als herausfordernd angesehen. Die Studienautoren schätzen, dass das Potenzial zur Verringerung des Reifenabriebs in den kommenden zehn Jahren lediglich zwischen zehn und zwanzig Prozent liegen wird. Eine weitere Möglichkeit zur Reduzierung könnte durch die Einführung strengerer Geschwindigkeitsbegrenzungen erreicht werden, doch der Einfluss auf den Straßenabrieb und die aufgewirbelten Partikel bleibt begrenzt.
Die Herausforderungen hinsichtlich der Einhaltung neuer Luftqualitätsgrenzwerte, die 2030 in Kraft treten sollen, sind beträchtlich. Ab diesem Zeitpunkt wird der zulässige Wert für Partikel mit einem Durchmesser von weniger als zehn Mikrometern (PM10) von 40 auf 20 Mikrogramm pro Kubikmeter halbiert. Die Studienautoren warnen, dass es an vielen stark befahrenen Orten, insbesondere in Tunneln oder engen Straßen, äußerst schwierig sein könnte, diese neuen Grenzwerte einzuhalten.
Die zugrunde liegende Forschung wurde mithilfe der Software PHEM (Passenger car and Heavy duty Emission Model) durchgeführt, die ursprünglich zur Simulation von Abgasemissionen verschiedener Fahrzeugtypen entwickelt wurde. Diese Software wurde durch neue Messungen und Datensammlungen im Rahmen des TU Graz-Leadprojekts NExT sowie in Zusammenarbeit mit dem Schweizer BAFU und EU-Horizon erweitert, um eine konsistente Simulation der nicht-abgasbedingten Emissionen zu ermöglichen. Dank der Kooperation mit dem EU-Projekt LENS können diese Simulationen nun auch für Zweiräder angewendet werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Reifen- und Fahrbahnabrieb als Hauptquelle der Partikelemissionen im Straßenverkehr eine bedeutende Herausforderung für die Luftqualität darstellt. Auch wenn die Abgas- und Bremsemissionen voraussichtlich zurückgehen, bleibt der Abrieb ein hartnäckiges Problem, dessen Reduzierung komplex ist. Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um die Luftqualitätsziele zu erreichen und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.
