Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Christoph Spötl von der Universität Innsbruck hat bemerkenswerte Fortschritte in der Rekonstruktion der Klimageschichte einer der trockensten Regionen Nordamerikas gemacht. Durch die Analyse von Daten, die aus einer Höhle im US-Bundesstaat Nevada stammen, konnte das Team eine Klimarekonstruktion über einen Zeitraum von 580.000 Jahren erstellen. Diese außergewöhnlichen Erkenntnisse bieten nicht nur einen tiefen Einblick in die klimatischen Veränderungen der Vergangenheit, sondern auch in die Wechselwirkungen zwischen Temperatur, Grundwasserstand und Vegetation in ariden Gebieten.
Das Devils Hole, eine besondere geologische Formation, stellt eine nahezu einmalige Gelegenheit dar, um langfristige Klimaarchive aus Kalkablagerungen zu gewinnen. Christoph Spötl, der die Arbeitsgruppe für Quartärforschung am Institut für Geologie der Universität Innsbruck leitet, hebt hervor, dass die Expertise seines Teams in der Untersuchung solcher Klimaarchive entscheidend für die Gewinnung und Interpretation der Daten war.
Im Jahr 2017 hat das Innsbrucker Expeditionsteam einen entscheidenden Schritt unternommen, indem es einen 1 Meter langen Bohrkern aus Kalksinter aus dem tiefsten Teil der Höhle, bekannt als Devils Hole II, entnommen hat. Die Analyse der Sauerstoffisotope in diesem Bohrkern hat es möglich gemacht, ein durchgehendes Klimaarchiv zu erstellen, das nicht nur die letzten sechs Eiszeiten, sondern auch die dazwischenliegenden Warmzeiten umfasst.
Kathleen Wendt, die Erstautorin der Studie und nun an der University of Toronto tätig, berichtet über die Ergebnisse der Analyse: „Wir haben festgestellt, dass es einen regelmäßigen Wechsel zwischen kühlen, feuchten Eiszeiten und heißen, trockenen Warmzeiten gibt.“ Interessanterweise zeigen die Daten auch, dass während bestimmter Warmzeiten der Grundwasserspiegel abrupt sank, was mit einem signifikanten Rückgang der Vegetation einherging. Diese Erkenntnis ist besonders relevant, da sie aufzeigt, wie empfindlich die Ökosysteme in diesen trockenen Regionen auf klimatische Veränderungen reagieren.
Zusätzlich belegen die Ergebnisse der Studie, dass die winterlichen Stürme, die für den Wasserhaushalt der Region entscheidend sind, während der Eiszeiten weit nach Süden verschoben waren. Diese Verschiebungen hatten direkten Einfluss auf den Grundwasserstand und prägten langfristig die Lebensbedingungen im Südwesten der Vereinigten Staaten. Kathleen Wendt betont die Bedeutung dieser Zusammenhänge: „Das Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Temperatur, Grundwasserverfügbarkeit und Vegetationsentwicklung ist entscheidend für die Vorhersage zukünftiger Klimaveränderungen in trockenen Regionen.“
Die Universität Innsbruck hat sich als ein führendes Zentrum für die Paläoklimatologie etabliert, insbesondere im Bereich der Forschung zu Höhlenablagerungen. Die Spezialisten der Universität sind seit Jahrzehnten an bahnbrechenden Projekten beteiligt, die darauf abzielen, Klimaarchive aus schwer zugänglichen Höhlensystemen zu erschließen. Yuri Dublyansky, einer der Mitautoren der aktuellen Studie, beschreibt die Herausforderungen der Feldarbeit im Devils Hole als eine der anspruchsvollsten Aufgaben, die das Team je bewältigt hat. Die Kombination aus technischen Anforderungen und wissenschaftlichen Möglichkeiten war außergewöhnlich.
Auch die Höhlenforscherin Gina Moseley, eine mehrfach ausgezeichnete Expertin der Universität Innsbruck, hebt die Wichtigkeit solcher weitreichenden Klimadaten hervor: „Archive, die so weit in der Zeit zurückreichen, sind extrem selten und daher von unschätzbarem Wert für das Verständnis des natürlichen Klimawandels.“
An der Studie waren neben dem Team aus Innsbruck auch Wissenschaftler aus den USA, England und China beteiligt. Die Ergebnisse wurden jüngst in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht und erhielten Unterstützung vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Forschung im Devils Hole nicht nur zur Erweiterung unseres Wissens über vergangene Klimabedingungen beiträgt, sondern auch wichtige Hinweise für die zukünftige Entwicklung von Klimamustern in trockenen Regionen liefert.
