In Kläranlagen weltweit spielen winzige, oft übersehene Mikroben eine entscheidende Rolle bei der Abwasserreinigung. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie hat nun herausgefunden, dass symbiotische Bakterien, die in einzelligen Organismen leben, einen wesentlichen Beitrag zu diesem Prozess leisten. Diese spezialisierten Bakterien sind nicht nur für die effektive Beseitigung von Schadstoffen verantwortlich, sondern könnten auch ungewollt zur Freisetzung von Treibhausgasen beitragen.
Traditionell haben Studien zur Abwasserbehandlung ihren Fokus auf freilebenden Bakterien gelegt. Die aktuelle Forschung erweitert dieses Bild, indem sie die Bedeutung von endosymbiotischen Bakterien hervorhebt. Diese Bakterien leben in Ciliaten, einer Gruppe von einzelligen Organismen, die in nahezu allen aquatischen Umgebungen vorkommen. Die Entdeckung, dass diese Symbionten den Ciliaten Energie liefern, ist neuartig und zeigt, wie komplex und vielfältig die Mikroben-Gemeinschaften in Kläranlagen sind.
Ein Team um Jana Milucka entdeckte bereits vor einigen Jahren, dass diese symbiotischen Beziehungen in Abwasserumgebungen häufig vorkommen könnten. Um dies zu überprüfen, analysierten sie Daten aus Kläranlagen weltweit und identifizierten 14 neue Arten von endosymbiotischen Bakterien. Diese Bakterien sind in der Lage, Nitrat aus dem Abwasser durch einen Prozess namens Denitrifikation abzubauen. Dabei wird schädliches Nitrat in harmloses Stickstoffgas umgewandelt, was für die Umwelt von großer Bedeutung ist. Die Forscher stellten fest, dass solche Symbiosen in fast der Hälfte der untersuchten Kläranlagen vorkommen, was ihre Relevanz für die Abwasserbehandlung unterstreicht.
Trotz dieser positiven Aspekte gibt es auch Herausforderungen. Einige der entdeckten Endosymbionten, wie die Art Candidatus Azoamicus parvus, können kein Sauerstoff veratmen und sind nicht in der Lage, das potentielle Treibhausgas Lachgas (N₂O) weiter abzubauen. Stattdessen setzen sie dieses Gas direkt in die Umwelt frei, was besorgniserregend ist, da Lachgas 300 Mal schädlicher ist als Kohlendioxid (CO₂). Diese Art ist besonders häufig in Kläranlagen zu finden, was darauf hindeutet, dass die Abwasserbehandlung möglicherweise zur Erhöhung der globalen Lachgasemissionen beiträgt.
Die Entdeckung der weitverbreiteten denitrifizierenden Endosymbionten zeigt, wie wichtig es ist, die Mikrobiologie der Kläranlagen besser zu verstehen. Das Team um Nicolas-Asselineau betont, dass diese Mikroben in einem sehr dynamischen Ökosystem leben, das durch starke ökologische Druckfaktoren gekennzeichnet ist. Ihre Forschung hebt die Notwendigkeit hervor, diese symbiotischen Beziehungen und deren Auswirkungen auf die Umwelt zu untersuchen, um die Effizienz der Abwasserbehandlung zu verbessern und gleichzeitig die negativen Umweltauswirkungen zu reduzieren.
Die Erkenntnisse des Teams werden in der Fachzeitschrift ISME Communications veröffentlicht und bieten neue Perspektiven für die Mikrobiologie und Umweltwissenschaften. Die Identifizierung und das Verständnis dieser mikrobiellen Partnerschaften könnten entscheidend sein für zukünftige Strategien zur Optimierung der Abwasserbehandlung und zur Bekämpfung der klimatischen Herausforderungen, die durch Treibhausgase wie Lachgas entstehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Erforschung der symbiotischen Bakterien in Kläranlagen sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt. Während sie eine Schlüsselrolle bei der Reinigung von Abwasser spielen, müssen wir auch die potenziellen negativen Umweltauswirkungen, die sie verursachen können, in Betracht ziehen. Der Schutz von Gesundheit und Umwelt hängt entscheidend von einem besseren Verständnis dieser mikroskopischen Lebensformen ab.
