Bakterielle Manipulation: Wie Krankheitserreger das Fruchtreifeprogramm bei Zitruspflanzen untergra…

Bakterielle Manipulation: Wie Krankheitserreger das Fruchtreifeprogramm bei Zitruspflanzen untergra…

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Tübingen hat herausgefunden, wie das Bakterium Xanthomonas citri, der Erreger des Zitruskrebses, in der Lage ist, das Fruchtreifeprogramm seiner Wirtszellen zu kapern. Diese Entdeckung bietet neue Perspektiven für die Bekämpfung einer der wirtschaftlich bedeutendsten Pflanzenkrankheiten weltweit, die Zitrusfrüchte wie Orangen, Zitronen oder Mandarinen betrifft. Die Ergebnisse dieser Forschung wurden in der renommierten Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

Zitruskrebs ist durch die Bildung brauner Flecken und Pusteln an den Blättern und Früchten der befallenen Pflanzen gekennzeichnet. Diese Symptome führen dazu, dass die Pflanzen vorzeitig Blätter und Früchte abwerfen, was erhebliche Ertragsverluste zur Folge hat. Die Forscher haben nun entdeckt, dass Xanthomonas citri gezielt das Fruchtreifeprogramm aktiviert, das normalerweise nur in den Früchten der Pflanzen abläuft. Dadurch werden in den Blättern zuckerhaltige Substanzen freigesetzt, die das Bakterium als Nahrungsquelle nutzen kann. Dies ermöglicht dem Krankheitserreger ein bis zu hundertmal schnelleres Wachstum.

Dr. Trang Phan, Erstautorin der Studie, erklärt, dass es bereits bekannt war, dass viele Krankheitserreger, einschließlich der Xanthomonas-Bakterien, Zucker aus der Zellwand der Pflanzen konsumieren. Der Fokus der Forschung lag darauf, zu verstehen, wie diese Bakterien in der Lage sind, diese Nährstoffe zu extrahieren, da die Zellwände für viele Schaderreger schwierig zu durchdringen sind.

Das Bakterium nutzt einen speziellen Proteinkomplex, um verschiedene Effektorproteine in die Pflanzenzellen einzuschleusen. Diese Proteine manipulieren gezielt zelluläre Prozesse und fördern die Infektion. Ein besonders wichtiges Effektorprotein wurde untersucht, da es in den Zellkern der Wirtszelle eindringt und dort einen pflanzlichen Regulator aktiviert. Dieser Regulator schaltet das Fruchtreifeprogramm ein, was zu einer Freisetzung von zuckerhaltigen Verbindungen führt.

Die Forscher haben auch festgestellt, dass die aktivierten Gene in infizierten Blättern erstaunliche Ähnlichkeiten zu denen aufweisen, die in reifenden Früchten aktiv sind. Diese Erkenntnisse zeigen, dass das identifizierte Steuerprotein in Zitruspflanzen und dessen Pendant in Tomaten vergleichbare Reifeprogramme aktivieren können. Die Bakterien schaffen es somit, mit minimalem Aufwand große Mengen an Zucker aus den Zellwänden der Pflanzen zu gewinnen, was ihr Wachstum begünstigt.

Die detaillierten Einblicke in den Infektionsprozess und die Regulation des Fruchtreifeprogramms eröffnen neue Möglichkeiten zur Entwicklung von schädlingsresistenten Pflanzen. Die Forschungsergebnisse könnten dazu beitragen, gentechnische Anpassungen vorzunehmen, die es ermöglichen, die Festigkeit und Süße von Zitrusfrüchten und Tomaten gezielt zu verändern. Dies könnte eine vielversprechende Strategie zur Bekämpfung des Zitruskrebses darstellen.

Professor Thomas Lahaye, der die Forschung leitet, betont die Bedeutung dieser Studie für die Anwendung in der Landwirtschaft. Die Grundlagenforschung liefert wertvolle Hinweise, die helfen können, globale Herausforderungen in der Pflanzenproduktion zu bewältigen. Diese Erkenntnisse könnten letztlich dazu beitragen, die Erträge in der Zitruswirtschaft zu steigern und die Qualität der Früchte zu verbessern.

Insgesamt zeigt die Forschung, wie wichtig es ist, die Mechanismen zu verstehen, die Krankheitserreger nutzen, um ihre Wirte zu schädigen. Die Ergebnisse könnten nicht nur für die Zitruskultur von Bedeutung sein, sondern auch für andere Pflanzen, die von ähnlichen Erregern betroffen sind. Die Entwicklung neuer Strategien zur Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten ist entscheidend, um die globale Nahrungsmittelversorgung in Zeiten des Klimawandels und der steigenden Bevölkerungszahlen zu sichern.