Ein umfassendes Forschungsprojekt hat kürzlich gezeigt, wie wichtig das globale Agrar- und Ernährungssystem im Kampf gegen den Klimawandel ist. Die Studie, die unter der Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) durchgeführt wurde und in der Fachzeitschrift Nature Food veröffentlicht wurde, identifiziert 23 bedeutende Hebelpunkte, die entscheidend für eine nachhaltige Transformation in diesem Bereich sind. Die Ergebnisse prognostizieren, dass eine entschlossene Umstellung des Agrarsektors, in Kombination mit der notwendigen Wende hin zu erneuerbaren Energien, den globalen Temperaturanstieg bis 2050 auf 1,85 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau begrenzen könnte. Darüber hinaus verspricht die Studie, dass eine solche Transformation zu gesünderer und preiswerterer Ernährung führen und die Landwirtschaft umweltfreundlicher gestalten kann.
Das Forschungsteam analysierte drei mögliche Zukunftsszenarien: das Basisszenario „SSP2“, das bestehende Trends fortschreibt; ein Szenario, das auf einen beschleunigten Umbau des Agrar- und Ernährungssystems abzielt; sowie ein erweitertes Szenario, das auch Nachhaltigkeitsaspekte in anderen Wirtschaftsbereichen berücksichtigt. Der innovative Analyserahmen, der unter anderem das PIK-eigene Agrar- und Ernährungsmodell MAgPIE nutzt, untersucht nicht nur die klimatischen Auswirkungen, sondern erfasst auch die Effekte auf Gesundheit, Umwelt, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Stabilität.
Benjamin Bodirsky, der leitende Forscher der Studie, hebt hervor, dass die Transformation des Agrar- und Ernährungssystems einen bedeutenden Einfluss auf zahlreiche gesellschaftliche Ziele hat. Ein nachhaltiger Umbau könnte nicht nur den Klimawandel eindämmen, sondern auch die Lebenserwartung erhöhen, die Überdüngung mit Stickstoff reduzieren und die weltweite Armut verringern. Der Studienansatz zeigt, dass das Zusammenspiel von Maßnahmen in diesem Sektor auch eine entscheidende Rolle bei der Erreichung der globalen Klimaziele spielen kann.
Im Rahmen der Untersuchung wurden 23 spezifische Hebelpunkte identifiziert, die den Umbau des Agrar- und Ernährungssystems konkretisieren. Dazu gehören Aspekte, die im Jahr 2019 in der vom PIK mitentwickelten Planetary Health Diet formuliert wurden. Dieser Ernährungsansatz fördert eine gesündere Lebensweise durch eine Reduzierung von Zucker, Fleisch und Milchprodukten sowie eine Erhöhung des Konsums von Hülsenfrüchten, Gemüse, Obst, Nüssen und Vollkornprodukten. Die Studie beleuchtet zudem, wie eine Reduzierung von Hunger, Überernährung und Lebensmittelabfällen die globalen Produktionssysteme und die Umwelt positiv beeinflussen kann.
Ein weiterer zentraler Aspekt ist der Erhalt der Umwelt und die Förderung nachhaltiger Landwirtschaft. Die Studie befasst sich auch mit den Auswirkungen geringerer Handelsbarrieren und einem freieren Agrarhandel, der insbesondere ärmeren Ländern zugutekommen könnte. Diese Maßnahmen könnten nicht nur die Lebensbedingungen der Landwirte verbessern, sondern auch zu einer weniger kapitalintensiven Produktion in wohlhabenderen Ländern führen.
Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass die Transformation des Agrar- und Ernährungssystems nicht isoliert betrachtet werden kann. Vielmehr zeigt die Analyse, dass eine umfassende Veränderung auch in anderen Bereichen notwendig ist, etwa durch ein langsameres Bevölkerungswachstum, nachhaltigere wirtschaftliche Entwicklungen und einen schnelleren Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Wenn diese zusätzlichen Hebelpunkte in die Strategie integriert werden, verbessern sich die Erfolgschancen erheblich.
Das erweiterte Nachhaltigkeitsszenario der Studie zeigt, dass im Jahr 2050 die Wahrscheinlichkeit, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, auf 38 Prozent und das 2,0-Grad-Ziel auf 91 Prozent steigen könnte. Gleichzeitig würden ernährungsbedingte Gesundheitsrisiken wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinken, und die wirtschaftliche Stabilität würde im Vergleich zum Basisszenario erheblich zunehmen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Transformation des Agrar- und Ernährungssystems entscheidend für den Schutz der Biodiversität ist. Die Kombination verschiedener Maßnahmen, wie der Schutz von Biodiversitäts-Hotspots und die Förderung pflanzenbasierter Ernährungsmuster, kann den Druck auf die Biodiversität signifikant verringern. Die Studie gibt der Politik wertvolle Anhaltspunkte, um die Ambitionen im Bereich Nachhaltigkeit zu bewerten und zu steigern, und fördert damit den notwendigen Diskurs über die Zukunft unserer Ernährung und Landwirtschaft.
