Die übermäßige Nährstoffbelastung von Gewässern bleibt ein drängendes Problem, das nicht nur die Wasserqualität beeinträchtigt, sondern auch das gesamte Ökosystem gefährdet. Insbesondere die Einträge von Stickstoff und Phosphor führen zu einer Überdüngung, die schwerwiegende Folgen haben kann, darunter das Auftreten von Algenblüten, die das Wasser trüben und potenziell giftig machen. Diese Phänomene stellen eine Bedrohung für Fische und andere aquatische Lebewesen dar, da sie durch Sauerstoffmangel in den Gewässern sterben können. Um die Gewässerökosysteme zu schützen, wurden in Deutschland Grenzwerte für den Eintrag dieser Nährstoffe festgelegt, die in der Nitratrichtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie definiert sind.
Eine aktuelle Analyse von Wissenschaftlern der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Christian-Albrecht-Universität Kiel hat aufgezeigt, dass die bestehenden Regelungen der Düngeverordnung, die als zentrales Instrument des Gewässerschutzes dienen, in ihrer jetzigen Form nicht ausreichend sind. Dr. Martin Bach, einer der Autoren der Studie, betont, dass trotz einer Reduzierung der Nährstoffüberschüsse seit den Novellierungen der Düngeverordnung in den Jahren 2017 und 2020 die Zielvorgaben der Nitratrichtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie nach wie vor nicht erreicht werden. Die Messstellen zeigen nur einen minimalen Rückgang der Überschreitungen des Nitrat-Grenzwerts im Grundwasser sowie des Zielwerts für Gesamt-Phosphor in den Flüssen.
Die Grundlage dieser Analyse bildet der Nährstoffbericht für Niedersachsen 2023/2024. Die Autoren fordern eine grundlegende Überprüfung und Anpassung der Düngeverordnung, um die Nährstoffeinträge in die Gewässer wirksam zu reduzieren. Insbesondere kritisieren sie das Verfahren zur Ermittlung des Stickstoffdüngebedarfs, das nicht dem aktuellen Stand der Forschung entspricht. Dabei sollte die Nachlieferung von Stickstoff aus dem Boden wesentlich stärker berücksichtigt werden. Zudem ist es erforderlich, die betrieblichen Nährstoffflüsse umfassend zu erfassen und ambitionierte Zielwerte für den betrieblichen Stickstoffüberschuss festzulegen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, den die Wissenschaftler ansprechen, ist die Notwendigkeit, die Reaktionszeiten der Grundwasser-Messstellen zu berücksichtigen und die nitratbelasteten Gebiete in Deutschland auf Basis der Nitratkonzentration im Grundwasser unter Berücksichtigung des Denitrifikationswertes neu zu klassifizieren. Dr. Bach weist darauf hin, dass erst mit diesen Anpassungen eine spürbare Reduzierung der Nitratbelastung im Grundwasser zu erwarten ist.
Die Dringlichkeit der Thematik wird durch aktuelle Urteile des Bundesverwaltungsgerichts verstärkt. Im März 2025 wurden die Bundesländer Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen dazu verpflichtet, ihre Maßnahmenprogramme für die Flussgebietseinheit Ems zu überarbeiten, um den gesetzlich festgelegten Zielwert für den Nitratgehalt im Grundwasser schnellstmöglich zu erreichen. Zudem wurde das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat im Oktober 2025 beauftragt, ein wirksames nationales Aktionsprogramm zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen durch landwirtschaftliches Nitrat zu entwickeln.
Die Bemühungen um eine Verbesserung der Gewässerqualität stehen somit vor grundlegenden Herausforderungen. Es bedarf eines koordinierten Ansatzes, der nicht nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen, sondern auch die praktischen Anwendungen in der Landwirtschaft berücksichtigt. Nur durch eine umfassende Reform der Düngeverordnung und die Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse kann das Ziel erreicht werden, die Nährstoffbelastung der Gewässer nachhaltig zu verringern und die Gesundheit der aquatischen Ökosysteme zu sichern.
