Die moderne Kosmologie geht davon aus, dass unser Universum aus dem Nichts entstanden ist. Wenn man so eine Aussage liest oder hört, drängt sich sofort die Frage auf, wie denn aus nichts etwas entstehen kann. Nicht nur das physikalische Prinzip, dass es zu jedem physischen Ereignis eine physische Ursache geben muss, sondern auch der »gesunde Menschenverstand« lässt die Aussage eher als eine philosophische Idee erscheinen und weniger als eine wissenschaftlich fundierte Theorie. Eine wissenschaftliche Theorie muss empirisch überprüfbar sein. Wie kann aber der Anfang allen Seins durch ein Experiment überprüft werden? Welche Fakten sprechen für den Beginn von Raum, Zeit und Materie aus dem Nichts?
Trotz der Zweifel gibt es gute und rational nachvollziehbare Gründe, von einem Beginn des Universums aus dem Nichts auszugehen. Den Beginn, kurz Urknall, darf man sich nicht als eine riesige Explosion im Weltall vorstellen. Der Urknall ist ganz unspektakulär ein nicht näher bekannter physikalischer Zustand, bei dem Raum und Zeit sowie die beteiligten Energien in einem winzigen Bereich extrem hoher Dichte zusammenfallen (Singularität). Wenn die Theorie richtig ist, dann existierte das Weltall vor der Singularität genauso wenig, wie es davor Materie gab. Auch Zeit hätte ihren Ursprung erst im Urknall.
Der englische Astronom Fred Hoyle, der Anhänger eines ewigen, statischen Universums war, wollte durch die unwissenschaftliche Bezeichnung Urknall (engl. »Big Bang«) die Theorie der Urknall-Verfechter unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Zu diesen Verfechtern gehörte sein belgischer Kollege, der Theologe und Astrophysiker, Georges Lemaître. Hoyle sprach sich dafür aus, dass sich das Universum in einem Zustand der Gleichförmigkeit (Steady-State-Theorie) ohne Anfang und ohne Ende befinde.
Wie begründete Lemaître die Idee vom Anfang allen Seins aus dem Nichts? Handelte es sich um seine theologische Vorstellung oder gab es harte Fakten?