Naturspiritualität – eine neue Weltreligion?

 

(Illustration: Magischer Ort)

Es gibt Menschen, die im Alltag ganz normalen Berufen
nachgehen, aber auch ein Interesse an „anderen Welten“ haben. Sie suchen
in bestimmten Wäldern, an bestimmten Felsen, zu bestimmten Mondphasen
oder mit bestimmten Riten nach Wahrheiten jenseits unserer
Sinneserfahrungen und unserer übersichtlich eingeteilten Welt. Auch,
wenn man persönlich mit Esoterik fremdelt, kann man sie als Phänomen
ernst nehmen. Denn es sind höchst spannende kulturelle, historische,
psychologische Zusammenhänge, die das Fundament bilden für die Praxis
einer solchen modernen Spiritualität.

Magisches Denken
und Handeln basiert auf der Annahme, dass alles, aber besonders die
Natur, von einem beseelten Prinzip erfüllt ist: einer Seele, etwas
Fühlendem oder Geistigem. Durch die Verbindung mit diesem Prinzip können
Heilung und Wachstum erzielt werden. Magie ist die Beeinflussung von
Ereignissen durch geistige Kräfte. Magie ist heute meistens
Naturspiritualität. Eine Berliner Frauengruppe, die sich als „neue
Hexen“ bezeichnet, traf sich beispielsweise lange bei Vollmond an der
Krummen Lanke, einem See. Der Mond und der See haben eine spirituelle
Kraft für sie. Im Hexenzirkel wird nicht unbedingt gehext.

Naturspiritualität
ist eine neue global verbreitete Bewegung, die sich auf eine
gemeinschaftliche Erfahrung mit anderen Wesen der Natur stützt und die
herrschende christliche Theologie bricht.

Viele Menschen glauben
an Magie oder sind zumindest offen für sie. Dies zeigt sich unter
anderem daran, dass viele Menschen an Warzenbesprechungen oder Yoga
teilnehmen. Die meisten Menschen, die sich für die innere Gestalt dieser
Welt interessieren, sind Frauen, die im Alltag einwandfrei
funktionieren, aber auch intuitiv sind und ein emotionales Interesse an
der Beschaffenheit der Wirklichkeit haben.

Die
Religionspsychologie führt aus, dass wir inhärent sinnfähig sind und
diesen Sinn auch herstellen müssen, um glücklich zu sein. Wir leben aber
in einer Welt, die sich oft als total sinnentleert zeigt und die
Menschen daher unglücklich macht. Das wachsende Interesse an
Naturspiritualität kann also psychologisch deutet werden: Unsere
Gesellschaft ist über das Ziel hinaus geschossen, den Menschen fehlt
wirklich etwas.

Neurobiologen untersuchen das physische Prinzip
von Spiritualität. Sie haben eine Versuchsreihe mit meditierenden
buddhistischen Mönchen durchgeführt und festgestellt, dass sich deren
Gehirn nach langer Meditation verändert. Viele Wissenschaftler
blockieren jedoch die weitere Forschung auf diesem Gebiet, weil sie sich
mit einer bestimmten Vorstellung etabliert haben und keinen Wandel
wollen.

Es gibt heute Anknüpfungspunkte zu einem so alten
kosmischen Glauben wie der Naturspiritualität. Eine in bestimmten
Ritualen häufig wiederkehrende Formulierung ist: „Zum Wohle aller
Wesen“. Das ist eine Verbindung zu älteren naturspirituellen Praktiken
in Europa und außerhalb Europas.

Der Druck der christlichen
Mehrheit und der Kirche war im Mittelalter sehr willkürlich. Viele
naturspirituelle Praktiken konnten sich aber halten. Das änderte sich
mit der Inquisition. Der Höhepunkt der Verfolgung liegt in der Neuzeit,
als Amerika bereits entdeckt war. Die Verbindung von christlichem
Glauben einerseits und wissenschaftlichem Weltbild andererseits hat dem
magischen Glauben mehr zugesetzt als das Mittelalter.

Manche
Bräuche und Rituale werden noch praktiziert, z.B. als Volksfeste. Andere
haben sich in der Landbevölkerung bis zur industriellen Moderne
gehalten. Heilige Bäume werden noch heute in Europa verehrt. Der
Weihnachtsbaum wäre früher als heidnisches Symbol verbannt worden.
Ostern ist voller Eier und Hasen, das ist ein großes
Fruchtbarkeitsritual.

Naturspiritualität ist eine neue
Weltreligion, die sich im Aufbau befindet. Ihre Anhänger sind weltweit
zu finden und wachsen stetig. Viele Menschen suchen nach einem tieferen
Sinn im Leben und Glauben, in der Natur eine Quelle des Wissens und der
Weisheit zu finden. Naturspiritualität verbindet die Menschen mit der
Natur und den kosmischen Kräften und gibt ihnen ein Gefühl von Einheit
und Verbundenheit. In Deutschland gibt es viele Orte, an denen man die
Natur spüren und die Energien der Erde auf sich wirken lassen kann.
Diese Orte sind meist an Flurnamen erkennbar, die auf alte rituelle
Handlungen oder heilige Quellen hindeuten.
Wenn man die Natur mit anderen Augen betrachtet, kann man diese
magischen Orte in Deutschland entdecken. Die Wissenschaft verschließt
jedoch oft reflexartig ihre Augen vor diesen Orten und Erfahrungen. Sie
vernachlässigt damit ihre ureigene Aufgabe, sich immer wieder zu
verändern und Neues in sich aufzunehmen. Die großen Erkenntnisse der
Menschheit sind immer intellektuelle Durchbrüche gewesen, die uns das
Alte haben verwerfen lassen. So ist es auch mit der Naturspiritualität:
Sie bietet Wege aus dem Dilemma unserer Gesellschaften und zeigt uns,
wie wir in Harmonie mit der Natur leben können.

Fazit:
Naturspiritualität ist ein Bindeglied zwischen uns und der Natur, sowie
eine Quelle des Wissens und der Weisheit. Sie kann uns helfen, unseren
Weg in dieser Welt zu finden und die Energien der Erde auf uns wirken zu
lassen.