
Die Entwicklung einer globalen Wasserstoffwirtschaft könnte sich als entscheidend für die Energiesysteme der Zukunft herausstellen. In einem umfassenden Forschungsprojekt, das von der Ruhr-Universität Bochum und der Universität Duisburg-Essen durchgeführt wurde, wurden Szenarien untersucht, die aufzeigen, wie Wasserstoffproduktion und -verteilung auf verschiedenen Kontinenten gestaltet werden könnten. Dieses Projekt, bekannt als StEAM (Sektortransformation im Energiesystem, Analyse und Modellierung möglicher Wasserstoffstrategien), befasst sich mit der Verbindung von Strom- und Wasserstoffsektoren und hat ein innovatives Energiesystemmodell hervorgebracht.
Ein zentrales Ergebnis der Forschung ist die Möglichkeit, dass die Kontinente weitgehend unabhängig in der Wasserstoffproduktion agieren können. Laut den Szenarien wird Europa eine Ausnahme bilden, da es voraussichtlich größere Mengen Wasserstoff aus Nordafrika importieren wird, wobei Marokko als Hauptlieferant hervorsticht. Innerhalb der Kontinente wird der Wasserstofftransport überwiegend über Pipelines organisiert, während der Transport per Schiff nur eine untergeordnete Rolle spielt, insbesondere in weniger gut angebundenen Regionen.
Die Studie prognostiziert für Europa langfristige Grenzkosten von etwa 110 Euro pro Megawattstunde (MWh) bis zum Jahr 2040, was rund 3,30 Euro pro Kilogramm Wasserstoff entspricht. Diese Kosten werden als relativ homogen angesehen, was auf die gut ausgebaute Transportinfrastruktur zurückzuführen ist. Im Gegensatz dazu zeigen die Ergebnisse für Südamerika, dass dort die Grenzkosten mit etwa 80 Euro pro MWh (2,40 Euro pro kg Wasserstoff) deutlich niedriger sind. Allerdings macht die große Entfernung den Wasserstofftransport unattraktiv. Stattdessen könnte es sinnvoller sein, vor Ort höherwertige, leichter transportierbare Wasserstoffderivate zu produzieren und diese dann zu exportieren.
Im Rahmen des Projekts wurden auch spezifische Fallstudien durchgeführt, die sich mit der Regulierung von grünem Wasserstoff in Europa, den globalen Kapitalkosten und den Herausforderungen beim Ausbau erneuerbarer Energien beschäftigen. Diese Aspekte sind entscheidend für die Entwicklung der Elektrolyseurkapazitäten, die für die Produktion von Wasserstoff notwendig sind. Der offene Zugang zu dem entwickelten Modell ermöglicht es anderen Forschern und Interessierten, die Ergebnisse zu überprüfen und eigene Analysen durchzuführen. Dies fördert den wissenschaftlichen Austausch und die Weiterentwicklung der Methoden.
Die Projektleiter, Professor Dr. Valentin Bertsch von der Ruhr-Universität Bochum und Professor Dr. Christoph Weber von der Universität Duisburg-Essen, betonen die wichtige Rolle, die ihr Modell bei der Unterstützung der politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsfindung spielen kann. Sie möchten ihre Erkenntnisse nutzen, um die Entwicklung der globalen Wasserstoffwirtschaft aktiv mitzugestalten. Ein Schwerpunkt liegt auf der Zusammenarbeit mit Praxispartnern, um die entwickelten Methoden kontinuierlich zu verbessern und an die sich ändernden Gegebenheiten anzupassen.
Die Universitätsallianz Ruhr, die seit 2007 besteht, fördert die Zusammenarbeit zwischen den drei großen Ruhrgebietsuniversitäten und hat zu mehr als 100 Kooperationen in Forschung, Lehre und Verwaltung geführt. Diese Allianz stärkt nicht nur die wissenschaftliche Gemeinschaft, sondern trägt auch dazu bei, den Standort Ruhrgebiet als einen der bedeutendsten Wissenschaftsstandorte Deutschlands zu etablieren. Mit über 120.000 Studierenden und nahezu 1.300 Professoren ist die UA Ruhr ein zentrales Zentrum für Forschung und Bildung.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Forschungsergebnisse des Projekts StEAM wertvolle Einblicke in die zukünftige Entwicklung einer globalen Wasserstoffwirtschaft bieten. Die Möglichkeit, dass Kontinente weitgehend unabhängig agieren können, während gleichzeitig wichtige Handelsbeziehungen entstehen, könnte die Struktur der globalen Energieversorgung nachhaltig verändern. Die Herausforderungen, die mit der Wasserstoffproduktion und -verteilung verbunden sind, werden durch die umfassende Analyse des Projekts adressiert und bieten eine solide Grundlage für zukünftige Entwicklungen in diesem wichtigen Sektor.