
Am 22. Mai 2025 wurde eine bedeutende Experimentkampagne an der Wendelstein 7-X, der derzeit fortschrittlichsten Kernfusionsanlage weltweit, abgeschlossen. Diese Anlage, die dem Typ Stellarator angehört, hat in Zusammenarbeit mit Forscherinnen und Forschern aus Europa und den USA einen neuen Weltrekord im Tripelprodukt aufgestellt, einem zentralen Parameter der Fusionsphysik. Dieser neue Rekord übertrifft die bisherigen Bestleistungen der Tokamak-Anlagen, insbesondere in Bezug auf die Dauer der Plasmastabilität. Die Erfolge der Wendelstein 7-X sind entscheidend für die Zukunft der Fusionsenergie, da Stellaratoren als eine der vielversprechendsten Technologien gelten, um letztlich elektrische Energie aus der Verschmelzung von Atomkernen zu gewinnen.
Die Funktionsweise eines Stellarators basiert auf dem Prinzip des magnetischen Einschlusses, bei dem ein Plasma – ein hochtemperaturiges Gas aus ionisierten Teilchen – in einem stabilen Magnetfeld gehalten wird. Die Wendelstein 7-X wird vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald betrieben und hat sich zum Ziel gesetzt, die theoretischen Vorteile von Stellaratoren in der Praxis zu demonstrieren.
In der jüngsten Experimentkampagne, bekannt als OP 2.3, konnte das Wendelstein-Team einen neuen Rekord für das Tripelprodukt bei längeren Plasmadauerzeiten aufstellen. An einem der letzten Tage der Kampagne wurde eine Plasmadauer von über 43 Sekunden erreicht, was einen neuen Maßstab für die Leistung von Fusionsanlagen darstellt. Diese Leistung übertrifft die bisherigen Rekorde von Tokamaks, die aufgrund ihrer einfacheren Bauweise zwar besser erforscht sind, jedoch bei längeren Plasmadauerzeiten nicht mithalten können.
Die Wendelstein 7-X hat bei längeren Plasmadauerzeiten, die für den Betrieb eines zukünftigen Fusionskraftwerks entscheidend sind, nun die Führung übernommen. Es ist bemerkenswert, dass die Wendelstein 7-X, trotz eines kleineren Plasmavolumens im Vergleich zu anderen Anlagen wie der europäischen Tokamak JET, die besten Werte erzielen konnte. Prof. Dr. Thomas Klinger, der die Betriebsleitung der Wendelstein 7-X inne hat, beschreibt den neuen Rekord als einen „wichtigen Meilenstein“ auf dem Weg zur Realisierung eines kraftwerkstauglichen Stellarators.
Ein Schlüssel zu diesem Erfolg war der neu eingeführte Pellet-Injektor, der in enger Zusammenarbeit mit dem Oak Ridge National Laboratory in den USA entwickelt wurde. Dieser Injektor schießt gefrorene Wasserstoffkügelchen in das Plasma und versorgt es kontinuierlich mit Brennstoff. Durch diese „Brennstoffnachschub“-Methode konnten die Forscher die Plasmadauer erheblich verlängern. Bei dem Rekordexperiment wurden über 90 gefrorene Wasserstoffpellets in einer schnellen Sequenz in das Plasma injiziert, während gleichzeitig ein Mikrowellenheizsystem das Plasma auf die erforderlichen Temperaturen brachte. Diese präzise Abstimmung zwischen Heizleistung und Pelletversorgung war entscheidend für den Erfolg des Experiments.
Zusätzlich zu den Rekorden beim Tripelprodukt erzielte Wendelstein 7-X während der Kampagne weitere bemerkenswerte Fortschritte. Der Energieumsatz konnte auf 1,8 Gigajoule gesteigert werden, was eine Verbesserung im Vergleich zum vorherigen Rekord von 1,3 Gigajoule darstellt. Dies ist ein wichtiger Schritt, da ein kontinuierlicher Energieumsatz erforderlich ist, um die Wärme, die im Plasma erzeugt wird, effizient zu nutzen. Außerdem wurde ein Beta-Wert von 3 % im Gesamtvolumen erreicht, was die Verhältnisse zwischen Plasmadruck und magnetischem Druck optimiert.
Die Ergebnisse dieser Experimentkampagne sind nicht nur beeindruckende Zahlen, sondern auch ein bedeutender Fortschritt in der Validierung des Stellarator-Konzepts. Prof. Dr. Robert Wolf, der für die Stellarator-Heizung und -Optimierung verantwortlich ist, hebt hervor, dass diese Rekorde den Weg für zukünftige Entwicklungen in der Fusionsforschung ebnen und die internationale Zusammenarbeit in der Wissenschaft stärken.
Zusammenfassend stellt die Wendelstein 7-X mit ihren neuen Rekorden einen vielversprechenden Schritt in Richtung einer nachhaltigen und sauberen Energieerzeugung durch Kernfusion dar. Die Erfolge dieser Anlage könnten entscheidend dazu beitragen, die Herausforderungen der Energieversorgung in der Zukunft zu bewältigen.