Lehren aus 60 Millionen Jahren stabiler Ökosysteme im Hinblick auf den gegenwärtigen Artenverlust**

Lehren aus 60 Millionen Jahren stabiler Ökosysteme im Hinblick auf den gegenwärtigen Artenverlust**

Die Erde hat über die letzten 60 Millionen Jahre eine Vielzahl von stabilen Ökosystemen hervorgebracht, die durch große Pflanzenfresser wie Mammuts, urzeitliche Nashörner und riesige Hirsche geprägt sind. Eine aktuelle Studie, geleitet von der Universität Göteborg und unterstützt durch Forscher des Museums für Naturkunde in Berlin sowie spanischen Wissenschaftlern, untersucht, wie diese beeindruckenden Kreaturen auf drastische Umweltveränderungen reagierten und es dennoch schafften, ihre Ökosysteme über lange Zeiträume stabil zu halten, trotz des Verschwindens vieler Arten.

Große Pflanzenfresser sind nicht nur imposante Tiere, sie erfüllen auch eine entscheidende Rolle als „Ecosystem Engineers“. Ihr Rückgang im Rahmen des gegenwärtigen sechsten Massenaussterbens hat weitreichende Folgen für die Lebensräume, da sie aktiv Landschaften gestalten, die Artenvielfalt fördern und wichtige ökologische Kreisläufe in Gang halten. Das Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Fernando Blanco, einem Gastwissenschaftler am Museum für Naturkunde Berlin, analysierte Fossildaten von über 3.000 Arten großer Pflanzenfresser aus den letzten sechs Dekaden der Erdgeschichte. Dr. Blanco stellte fest, dass diese Ökosysteme über lange Zeiträume hinweg bemerkenswert stabil blieben, auch wenn Arten kamen und gingen.

Dennoch gab es in den letzten 60 Millionen Jahren zwei bedeutende Umstellungen des Ökosystems, die durch massive Umweltveränderungen verursacht wurden. Die erste fand vor etwa 21 Millionen Jahren statt, als das Tethysmeer geschlossen wurde und eine Landbrücke zwischen Afrika und Eurasien entstand. Diese geologische Veränderung führte zu einer massiven Wanderung von Arten, einschließlich der Vorfahren moderner Elefanten, Hirsche und Nashörner, die neue Lebensräume eroberten und das bestehende ökologische Gleichgewicht veränderten.

Die zweite bedeutende Umstellung trat vor etwa zehn Millionen Jahren auf, als eine globale Abkühlung und die Ausbreitung von Graslandschaften stattfand. Diese Veränderungen führten dazu, dass Wälder zurückgedrängt wurden, was den Aufstieg von Grasfressern zur Folge hatte und viele waldbewohnende Arten in den Rückgang führte. Trotz dieser Veränderungen und der damit verbundenen Verluste in der funktionellen Vielfalt der Tiere blieb die grundlegende ökologische Struktur der Gemeinschaften von Pflanzenfressern weitgehend stabil.

Selbst als viele große Arten wie Mammuts und riesige Nashörner in den letzten 129.000 Jahren ausstarben, blieb das funktionelle Gerüst der Ökosysteme erhalten. Dr. Ignacio A. Lazagabaster vom Centro Nacional de Investigación sobre la Evolución Humana in Spanien, Mitautor der Studie, vergleicht diese Stabilität mit einer Fußballmannschaft, die während eines Spiels Spieler auswechselt, ohne dass sich die Grundformation signifikant ändert. Neue Arten traten in das Ökosystem ein und übernahmen ähnliche ökologische Funktionen, was zur Stabilität der gesamten Struktur beitrug.

Trotz dieser bemerkenswerten Widerstandsfähigkeit haben die Forscher auch wichtige Warnungen ausgesprochen. Dr. Juan L. Cantalapiedra vom Museo Nacional de Ciencias Naturales in Spanien und ebenfalls Mitautor der Studie erklärte, dass die Anpassungsfähigkeit von Ökosystemen zwar beeindruckend sei, aber Grenzen existieren. Der gegenwärtige Verlust von Arten und deren ökologischen Rollen könnte bald zu einem dritten globalen Kipppunkt führen, und der Mensch spielt eine aktive Rolle in diesem Prozess.

Die vollständige Studie wurde in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht und zeigt, wie wichtig es ist, die Lehren aus der Vergangenheit zu berücksichtigen, um die gegenwärtigen Herausforderungen im Bereich der Biodiversität und des Artensterbens zu bewältigen. Die Forschungsergebnisse verdeutlichen, dass das Überleben von Ökosystemen nicht nur von der Anzahl der Arten abhängt, sondern auch von der Fähigkeit, sich an Veränderungen anzupassen und die ökologischen Funktionen aufrechtzuerhalten.