Systemischer Sexismus in der Wissenschaft: Eine dringende Analyse der Barrieren für Frauen**

Systemischer Sexismus in der Wissenschaft: Eine dringende Analyse der Barrieren für Frauen**

Eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift Bioscience veröffentlicht wurde, stellt die Herausforderungen und Hürden in den Mittelpunkt, mit denen Frauen in der Wissenschaft insbesondere in den so genannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) konfrontiert sind. Die Forschung, die von einem internationalen Team geführt wird, zu dem auch Jun.-Prof. Dr. María Piquer-Rodríguez von der Freien Universität Berlin gehört, analysiert die strukturellen Ungleichheiten, die dazu führen, dass Frauen in der akademischen Welt benachteiligt werden. Unter dem Titel „Systemic Sexism in Academia – An Early Career Viewpoint“ identifizieren die Autorinnen vier zentrale Barrieren, die Frauen im Verlauf ihrer wissenschaftlichen Karriere stark belasten.

Zunächst wird auf das Phänomen der intellektuellen Verunsicherung eingegangen, das viele Frauen in der Wissenschaft erleben. Oft sind sie mit herablassendem Verhalten, auch bekannt als „Mansplaining“, konfrontiert. Dies äußert sich nicht nur in der Abwertung ihrer Leistungen, sondern auch in Formen von Belästigung, die das Selbstvertrauen der Betroffenen massiv untergraben. Diese „Impostorization“ führt dazu, dass Frauen an ihren eigenen Fähigkeiten zweifeln, was ihre berufliche Entwicklung erheblich hemmt.

Die zweite identifizierte Barriere ist der Ausschluss aus männerdominierten Netzwerken. Während Männer oft leichter Zugang zu Mentoren und Kooperationsmöglichkeiten finden, müssen Frauen häufig zusätzliche Anstrengungen unternehmen, um ihre Arbeit und ihre Erfolge sichtbar zu machen. Dies führt dazu, dass sie in vielen Fällen das Gefühl haben, eine „doppelte Arbeit“ leisten zu müssen, um dieselben Anerkennungen zu erhalten wie ihre männlichen Kollegen.

Ein weiterer bedeutender Aspekt ist das erhöhte Risiko, dem Frauen während der Feldforschung ausgesetzt sind. Sie sehen sich nicht nur einer größeren Gefahr von sexueller Belästigung gegenüber, sondern müssen auch logistische Herausforderungen bewältigen, die oft nicht ausreichend beachtet werden. In vielen Fällen sind Frauen gezwungen, zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen zu treffen und müssen diese Maßnahmen gegenüber ihren Vorgesetzten rechtfertigen, was zusätzlichen Druck erzeugt.

Die vierte Barriere sind die geschlechtsspezifischen Rollenerwartungen, die Frauen in ihrer Karriere belasten. Traditionelle Erwartungen an die Betreuung von Kindern und die Führung des Haushalts erzeugen eine erhebliche „mentale Belastung“, die sich negativ auf die Produktivität auswirkt. Viele Frauen stehen vor der schwierigen Wahl, ihre persönlichen Lebensziele mit ihren beruflichen Ambitionen in Einklang zu bringen.

Um diese strukturellen Ungleichheiten zu überwinden und für mehr Chancengleichheit zu sorgen, plädieren die Autorinnen für eine Reihe von Reformen. Dazu gehört die Einführung von geschlechtergerechten Berufungsverfahren, die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Entwicklung wirksamer Anti-Diskriminierungsrichtlinien.

Die Autorinnen schlagen konkret vor, die Sichtbarkeit von Frauen in der Wissenschaft zu erhöhen. Dazu könnten geschlechtergerechte Quoten, anonymisierte Peer-Reviews und die formelle Anerkennung der oft unsichtbaren Arbeitsleistungen, wie beispielsweise Mentoring und Dienstleistungsarbeit, bei Beförderungen beitragen. Zudem wird empfohlen, die Rahmenbedingungen für die Karriereförderung zu verbessern, indem beispielsweise bezahlter Elternurlaub, verlässliche Kinderbetreuung auf dem Campus sowie flexible Arbeitszeiten angeboten werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Förderung von Verantwortung und Solidarität innerhalb der akademischen Gemeinschaft. Durch die konsequente Umsetzung von Anti-Belästigungsrichtlinien und die Integration von Diversität, Gerechtigkeit und Inklusion (DEI) in die Hochschulkultur sollen Diskriminierung und Ungleichheit aktiv bekämpft werden.

Laut Dr. María Piquer-Rodríguez sind Frauen trotz ihres hohen Anteils unter den Nachwuchswissenschaftler*innen in Führungspositionen im MINT-Bereich stark unterrepräsentiert. Die vorliegende Studie stellt einen Appell an Universitäten, Förderinstitutionen und politische Entscheidungsträger dar, die systematische Benachteiligung von Frauen anzugehen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind nicht nur darauf ausgelegt, die Chancengleichheit zu erhöhen, sondern auch die Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit der Wissenschaft zu stärken.