
Die antike Stadt Arles, gelegen in der Provence, war für ihre hochentwickelten Wassermanagementsysteme bekannt, die es der Bevölkerung ermöglichten, sich in dieser Region zu entfalten. Jüngste Studien von Wissenschaftlern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der Universität Oxford und der Universität Innsbruck haben nun die komplexe Geschichte des Aquäduktsystems in Arles entschlüsselt. Diese Forschung beruhte auf der Analyse von Karbonatablagerungen, die in den Aquädukten, Wasserbecken und Bleirohren gefunden wurden. Die Ergebnisse wurden am 28. Juni 2025 in der Fachzeitschrift Geoarchaeology veröffentlicht.
Die Untersuchung zeigt, dass die römischen Ingenieure über Jahrhunderte hinweg ein effektives Wasserversorgungssystem betrieben, das kontinuierlich gewartet und an die Bedürfnisse der Stadt angepasst wurde. Dr. Gül Sürmelihindi, eine der Hauptautoren der Studie, betont, dass dies ein hervorragendes Beispiel für nachhaltiges Wassermanagement in der Antike darstellt. Im Gegensatz zu früheren Forschungen, die sich oft auf einzelne Aquädukte konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler hier die gesamte Wasserversorgung von Arles, inklusive mehrerer Aquädukte und verbundener Strukturen.
Bereits im Jahr 3 v. Chr. begann ein Aquädukt von der Südflanke der Alpilles, Wasser nach Arles zu leiten. Rund ein Jahrhundert später wurde ein zusätzliches Aquädukt von der Nordseite dieser Hügel gebaut. Interessanterweise vereinigte sich das Wasser beider Aquädukte in einem bestehenden Becken des ursprünglichen Systems. Durch die Inbetriebnahme des nördlichen Aquädukts erhielt das südliche eine neue Aufgabe: Es wurde umgeleitet, um einen imposanten Wassermühlenkomplex in Barbegal zu betreiben, was die Forscher in einer früheren Untersuchung ebenfalls durch die Analyse von Karbonaten bestätigen konnten.
Die Forscher entdeckten, dass das Becken als Sammelstelle vor einer Aquädukt-Arkadenbrücke diente, um Sand und andere Partikel abzuscheiden. Zudem erkannten sie, dass das nördliche Aquädukt später in das bestehende System integriert wurde, was durch architektonische Merkmale belegt werden konnte. Ein weiterer wichtiger Aspekt war die Analyse von eingestürzten Deckenfragmenten der Konstantinsthermen, die zuvor unbekannte Wasserquellen enthielten. Diese Fragmente wiesen ebenfalls Karbonate auf, was darauf hindeutet, dass das Aquädukt im frühen 4. Jahrhundert n. Chr. unter Kaiser Konstantin restauriert wurde.
Die Forscher konnten auch klären, dass die Wasserleitung bis ins 5. Jahrhundert n. Chr. in Betrieb war, was die Zeitspanne bis zur Ankunft der Franken und Burgunder erklärt. Zudem stellte sich die Frage nach großen Bleirohren, die im 19. Jahrhundert entdeckt wurden und quer durch die Rhône verliefen. Durch die Analyse von Karbonaten in diesen Rohren fanden die Wissenschaftler heraus, dass sie Wasser aus dem Aquädukt von Arles transportierten und somit auch das Viertel Trinquetaille versorgten.
Ein zentrales Element der Studie war die isotopische Analyse der Karbonate, die den Zeitraum der Ablagerungen bestimmte. Da diese Ablagerungen stark kontaminiert waren, konnten sie nicht mit herkömmlichen Datierungsmethoden eingeordnet werden. Stattdessen analysierten die Forscher stabile Sauerstoff- und Kohlenstoffisotope und korrelierten die Daten, um zeitliche Übereinstimmungen zu identifizieren. Auf diese Weise konnten sie die unterschiedlichen Bauphasen und Veränderungen im Wasserversorgungssystem Arles dokumentieren.
Insgesamt zeigt die Forschung, wie wichtig die Wasserwirtschaft für das antike Arles war und wie sie die Lebensqualität und Entwicklung der Stadt maßgeblich beeinflusste. Diese Erkenntnisse eröffnen nicht nur einen tiefen Einblick in die Ingenieurskunst der Römer, sondern auch in die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen der damaligen Zeit. Die Ergebnisse dieser Studien tragen erheblich zum Verständnis der römischen Zivilisation und ihrer nachhaltigen Praktiken bei und verdeutlichen die Relevanz dieser historischen Systeme auch für die moderne Wasserwirtschaft.