
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Silvia Amicone von der Universität Tübingen hat ein bisher unbekanntes Rezept für Kajal aus der Eisenzeit entdeckt. Diese aufregende Entdeckung stammt von der archäologischen Stätte Kani Koter im Nordwesten des heutigen Iran, die zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert vor Christus datiert wird. Die Analyse der Substanzen, die bei Ausgrabungen gefunden wurden, zeigt, dass dieses antike Augen-Make-up aus natürlichen Materialien wie Graphit und Manganoxid bestand. Dies steht im Gegensatz zu den häufig verwendeten bleihaltigen Formulierungen, die in jener Zeit im Nahen Osten weit verbreitet waren.
Die Fundstätte Kani Koter, eine alte Begräbnisstätte aus der Eisenzeit, hat zahlreiche Gräber hervorgebracht, darunter auch solche von hochgestellten Persönlichkeiten, die mit wertvollen Grabbeigaben ausgestattet wurden. Dr. Shelir Amelirad von der Universität Heidelberg, ein Mitglied des Forschungsteams, bemerkte, dass unter den Funden auch Körperpflegeartikel wie Spiegel und Applikationswerkzeuge für Make-up zu finden waren. Eines der interessantesten Objekte war ein Keramikgefäß, das einen schwarzen Puder enthielt, der genauer untersucht wurde.
Die Ergebnisse der Untersuchung, die verschiedene wissenschaftliche Analysemethoden umfasste, führten zu der Erkenntnis, dass das Kajal-Rezept in der Region einzigartig war. „Wir haben ein völlig neues Kajalrezept entdeckt“, sagte Amicone. „Anstelle von Blei oder organischen Bestandteilen, die in vielen alten Rezepturen vorkommen, fanden wir Graphit, das sich gut auf der Haut anbringen lässt und einen auffälligen metallischen Glanz hinterlassen könnte.“ Interessanterweise wurden keine organischen Materialien im Puder gefunden. Es bleibt unklar, ob der Verzicht auf solche Zutaten absichtlich war oder ob sie im Laufe der Jahrhunderte zersetzt wurden.
Die Verwendung von Hartmanganerz und natürlichem Graphit deutet darauf hin, dass die Menschen in dieser Region kreativ mit den lokalen Ressourcen umgegangen sind, die reich an Mineralien aus dem Zagros-Gebirge sind. Diese Entdeckung erweitert unser Wissen über die kosmetischen Praktiken und die materielle Kultur in der Zeit des Assyrischen Reiches und gibt uns einen tieferen Einblick in das Leben der damaligen Eliten im Grenzgebiet zwischen Assyrien und dem Iran.
Professorin Dr. Karla Pollmann, Rektorin der Universität Tübingen, äußerte sich begeistert über die Entdeckung: „Die Analyse der Grabbeigaben eröffnet uns ein faszinierendes Fenster in eine längst vergangene Welt, die in überraschender Weise Parallelen zu unserer heutigen Zeit aufweist. Durch den Einsatz moderner wissenschaftlicher Methoden tragen unsere Forscher kontinuierlich dazu bei, das Wissen über die kulturelle Entwicklung der Menschheit zu erweitern.“
Die Erkenntnisse haben nicht nur historische Bedeutung, sondern werfen auch ein neues Licht auf die sozialen und kulturellen Praktiken der damaligen Zeit. Die Tatsache, dass hochwertiges Make-up in den Gräbern der Eliten gefunden wurde, lässt darauf schließen, dass das Erscheinungsbild und die Körperpflege auch in der Eisenzeit von großer Bedeutung waren.
Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „Archaeometry“ veröffentlicht, unterstreicht die Bedeutung von interdisziplinären Ansätzen in der Archäologie und der Archäometrie und zeigt, wie moderne Technologien dazu beitragen können, das Verständnis der Vergangenheit zu vertiefen. Durch die Kombination von Archäologie, Chemie und Geschichte wird es möglich, die kulturellen Praktiken und das tägliche Leben der Menschen in vergangenen Epochen besser zu verstehen.
Insgesamt bietet diese Entdeckung nicht nur wertvolle Informationen über die kosmetischen Produkte der Eisenzeit, sondern auch über die gesellschaftlichen Strukturen und die kulturelle Identität der Menschen, die in dieser Region lebten. Die Ergebnisse dieser Forschung könnten in Zukunft weitere interessante Einblicke in die Geschichte und die Entwicklung von Schönheitspflege und Kosmetik im antiken Nahen Osten liefern.