
Der Klimawandel hat bereits spürbare Auswirkungen auf viele Gewässer, und der Rhein bildet hierbei keine Ausnahme. Eine aktuelle Studie, die von der deutschen Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) und dem niederländischen Forschungsinstitut Deltares durchgeführt wurde, zeigt, dass die Wassertemperaturen im Rhein bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um bis zu 4,2 °C ansteigen könnten. Diese Erkenntnisse wurden im Rahmen der Forschungsarbeit für die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) erarbeitet und weisen auf eine besorgniserregende Entwicklung hin.
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Wassertemperatur des Rheins bereits deutlich erhöht. Analysen historischer Messdaten aus dem Zeitraum von 1978 bis 2023 belegen diesen Trend: Besonders im südlichen Bereich des Rheins, etwa in der Region um Karlsruhe, wurde ein Anstieg der durchschnittlichen Wassertemperatur von 0,4 °C pro Jahrzehnt festgestellt. Dies geschah trotz eines Rückgangs anthropogener Wärmeeinleitungen, etwa durch den Stillstand von Kernkraftwerken. Der Temperaturanstieg steht in direktem Zusammenhang mit den zunehmend höheren Lufttemperaturen, die durch den Klimawandel bedingt sind.
Die neuen Modellberechnungen, die auf einem CO2-Hochemissionsszenario des Weltklimarats (IPCC) basieren, prognostizieren, dass die Wassertemperaturen des Rheins bis zur Mitte des Jahrhunderts um 1,1 bis 1,8 °C steigen werden. Bis zum Jahr 2100 könnte dieser Anstieg sogar auf 2,9 bis 4,2 °C ansteigen, gemessen an den Durchschnittswerten des Zeitraums 1990-2010. Diese Veränderungen betreffen insbesondere die südlichen Abschnitte des Rheins von der Schweiz bis Karlsruhe. Beispielsweise wird die Anzahl der Tage im Jahr, an denen die Wassertemperatur unter 10 °C liegt, bis zum Ende des Jahrhunderts von derzeit 170 Tagen auf nur noch 104 Tage reduziert. Gleichzeitig wird die Zahl der Tage mit Temperaturen über 21,5 °C auf 106 Tage ansteigen, was fast einem Drittel des Jahres entspricht. Darunter werden auch Tage mit extremen Temperaturen über 25 °C sein.
Die steigenden Wassertemperaturen und die damit verbundenen Niedrigwasserperioden stellen eine erhebliche Herausforderung für die Ökosysteme des Rheins dar. Aquatische Lebensräume und Feuchtgebiete sind besonders betroffen, da sie unter den Bedingungen zunehmender Trockenheit und höherer Temperaturen leiden. Dr. Tanja Bergfeld-Wiedemann von der BfG weist darauf hin, dass kritische Temperaturschwellen, die über längere Zeiträume überschritten werden, ökologischen Schaden anrichten können. Fische und andere aquatische Organismen sind dann einem erhöhten Stress ausgesetzt, was ihre Anfälligkeit für Krankheiten erhöht. Zudem verringert sich bei höheren Wassertemperaturen die Löslichkeit von Gasen im Wasser, sodass weniger Sauerstoff für die Tiere verfügbar ist. Dies könnte langfristig zu einem Rückgang kältebevorzugter Arten führen, während wärmeliebende invasive Arten profitieren.
Die Auswirkungen des Temperaturanstiegs sind nicht nur ökologischer Natur. Bei extremen Temperaturen könnten Wasserbehörden gezwungen sein, Einschränkungen für die Wasserentnahme auszusprechen, was zu Konflikten in der Wassernutzung führen könnte. Insbesondere industrielle und landwirtschaftliche Nutzer könnten betroffen sein, da die Verfügbarkeit von Kühlwasser für Anlagen eingeschränkt werden könnte. Daher ist eine nachhaltige und vernünftige Wassernutzung von höchster Bedeutung, um die Bedürfnisse der verschiedenen Nutzergruppen zu berücksichtigen.
Die Studie stellt auch einen innovativen Ansatz dar, indem sie länderübergreifende Modelle aus der Schweiz, Deutschland und den Niederlanden verknüpft. Solch eine enge Zusammenarbeit ist entscheidend, um ein klareres Bild der zukünftigen Wassertemperaturen im gesamten Rheinsystem zu erhalten.
Die Staaten im Rheineinzugsgebiet arbeiten unter dem Dach der IKSR an einer Strategie zur Anpassung an den Klimawandel. Ziel ist es, die ökologischen Funktionen des Rheins zu erhalten und zu stärken, und die gewonnenen Erkenntnisse aus den Temperaturanalysen fließen direkt in diesen Prozess ein. Nur durch gemeinsames Handeln können die Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt, bewältigt werden.