
In den Gewässern der Deutschen Bucht haben Offshore-Windparks einen bemerkenswerten Einfluss auf die dort ansässigen Fischarten. Aktuelle Studien, die in Zusammenarbeit zwischen dem Thünen-Institut für Seefischerei und der Betreibergesellschaft Northland Power durchgeführt wurden, belegen, dass sich in den Windparks neue Fischgemeinschaften bilden. Die Forschungsreise ins Windkraftprojekt Nordsee One, das nördlich von Norderney liegt, hat interessante Erkenntnisse über die Fischarten in diesem Gebiet hervorgebracht.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Thünen-Instituts haben verschiedene Methoden eingesetzt, um die Fischpopulationen rund um die Windkraftanlagen zu untersuchen. Dazu gehörten sowohl Angelfischerei als auch der Einsatz von Unterwasserkameras. Vanessa Stelzenmüller, die die Studie leitete, betont, dass diese Kombination es ermöglichte, ein breites Spektrum an Fischarten zu erfassen, die sich zwischen den Fundamenten der Windkraftwerke und den umgebenden Steinschüttungen aufhalten. Es zeigte sich, dass viele Fische diese künstlichen Strukturen als neuen Lebensraum nutzen.
Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass die Fischgemeinschaften in der südlichen Deutschen Bucht nicht nur von der Bauweise der Windkraftanlagen abhängen, sondern auch regional variieren. Frühere Untersuchungen bei Helgoland hatten bereits gezeigt, dass unterschiedliche Bauarten spezifische Fischarten anziehen. In der südlichen Bucht wurden hingegen andere Arten wie der Franzosendorsch und der Zwergdorsch in größeren Mengen gefangen, die in den Windparks um die Norderneyer Anlagen nicht vorkamen. Diese Unterschiede lassen darauf schließen, dass die spezifischen Bedingungen und die Art der verwendeten Materialien für die Unterwasserstrukturen von großer Bedeutung sind.
Ein besonders bemerkenswerter Fund war der gestreifte Schleimfisch, der normalerweise in felsigen Küstengebieten zu finden ist. Dies zeigt, dass die künstlichen Strukturen der Windkraftanlagen nicht nur als Lebensraum für häufige Arten dienen, sondern auch weniger verbreitete Fischarten anlocken können. Zudem wurde der Nachweis von Samtkrabben in der Umgebung der Windkraftanlagen erbracht, was die Hypothese unterstützt, dass die dort geschaffenen Lebensräume einen Riff-Effekt erzeugen. Der Kolkschutz, der durch Steinschüttungen um die Fundamente entsteht, spielt dabei eine essenzielle Rolle.
Die Gründe für die Unterschiede in den Fischgemeinschaften zwischen der nördlichen und der südlichen Deutschen Bucht sind noch nicht vollständig geklärt. Wissenschaftler vermuten, dass verschiedene physikalische Eigenschaften des Wassers, wie Temperatur und Salzgehalt, sowie kleine Unterschiede im Durchmesser der Steine, die für den Kolkschutz verwendet werden, ausschlaggebend sein könnten.
Till Frohloff, Geschäftsführer von Nordsee One, hebt hervor, dass die Unterstützung wissenschaftlicher Studien im Windpark von großer Bedeutung ist. Nur durch fundierte Forschung können verlässliche Erkenntnisse über die Auswirkungen der Windkraftanlagen auf das marine Ökosystem gewonnen werden. Die Betreiber streben an, die gesammelten Daten zu nutzen, um den Einfluss ihrer Anlagen auf die Umgebung so nachhaltig und minimal wie möglich zu gestalten, insbesondere bei Rückbau- und Betriebsverlängerungsprozessen.
Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen, dass Offshore-Windparks nicht nur zur Sicherung der Energieversorgung beitragen, sondern auch das marine Ökosystem durch ihre Strukturen beeinflussen. Es ist entscheidend, diese Auswirkungen in zukünftigen Planungen zu berücksichtigen, um eine harmonische Koexistenz zwischen nachhaltiger Energieproduktion und den Bedürfnissen der Meeresökologie zu gewährleisten. Die Erkenntnisse aus der Forschung sind von großer Bedeutung für die Entwicklung von Richtlinien, die sowohl den Schutz der Fischbestände als auch die Effizienz der Windkraftnutzung fördern.