
In der Landwirtschaft spielt die Mahd von Grünland eine entscheidende Rolle, birgt jedoch auch erhebliche Risiken für die dort lebenden Insekten und Spinnen. Aktuelle Forschungsergebnisse der Universitäten Hohenheim und Tübingen im Rahmen des Projekts „InsectMow“ zeigen, dass die Auswirkungen des Mähens auf diese Tiergruppen gravierender sind, als zuvor angenommen. Es wurde festgestellt, dass bis zu 80 Prozent der Insekten bei der Mahd getötet werden, was bei häufigen Mahdzyklen zu einem signifikanten Rückgang der Artenvielfalt führen kann.
Die Studien deuten darauf hin, dass konventionelle Mähtechniken, insbesondere traktorbetriebene Balkenmäher, nicht unbedingt schonender sind als Scheibenmäher. Die Ergebnisse der Forschung zeigen, dass es keine signifikanten Unterschiede in der Schadensrate für Insekten und Spinnen zwischen diesen beiden Mähmethoden gibt. Der Projektleiter Prof. Dr. Johannes Steidle erklärte, dass sowohl Balken- als auch Scheibenmäher ähnliche Verluste verursachen, wobei in gemähten Flächen im Durchschnitt etwa 34 bis 36 Prozent weniger Individuen gefunden wurden im Vergleich zu ungemähten Kontrollen.
Ein besonders kritischer Punkt ist die Verletzlichkeit von weichen und wenig mobilen Tierarten wie Spinnen und Raupen, deren Zahl nach der Mahd um bis zu 55 Prozent abnehmen kann. Im Gegensatz dazu sind Heuschrecken und Käfer widerstandsfähiger, da sie oft durch Flucht oder Verstecken der Mahd entkommen können.
Um die negativen Auswirkungen der Mahd auf die Biodiversität zu minimieren, entwickeln die Forscher verschiedene Vergrämungstechniken, die vor dem Mähwerk installiert werden können. Diese sogenannten Insektenscheuchen sollen die Tiere dazu anregen, sich rechtzeitig aus dem Gefahrenbereich zurückzuziehen oder sich fallen zu lassen. Unter den getesteten Geräten war eine Gebläsescheuche besonders erfolgreich, da sie in der Lage war, Tiere aktiv von der gemähten Fläche wegzublasen. Diese Technik könnte eine vielversprechende Lösung darstellen, um die Tierschäden während des Mähvorgangs zu reduzieren.
Es wurde jedoch auch festgestellt, dass die Effektivität der Vergrämungsgeräte von verschiedenen Faktoren abhängt, wie der Geschwindigkeit des Mähwerks und der Vegetationshöhe. Während eine Lkw-Plane bei langsamer Mähgeschwindigkeit gut funktioniert, zeigte sie bei höheren Geschwindigkeiten kaum Wirkung. Robuste Modelle wie der Rechen mit Metallzinken und die Gebläsescheuche erzielten bessere Ergebnisse, insbesondere bei dichter Vegetation.
Zusätzlich betonen die Forscher die Bedeutung von ungemähten Rückzugsflächen innerhalb gemähter Wiesen. Diese „Inseln“ bieten Insekten und Spinnen die Möglichkeit, sich zu verstecken und später zurückzukehren, um die Flächen wieder zu besiedeln. Es reicht oft aus, kleine Streifen oder Inseln ungemäht zu lassen, um diesen Tieren einen Schutzraum zu bieten.
Die Kombination von innovativen Technologien, geschützten Rückzugsflächen und angepassten Mähpraktiken wird als Schlüssel für eine biodiversitätsfreundliche Grünlandbewirtschaftung angesehen. Auch wenn einige der empfohlenen Maßnahmen wie langsameres Mähen oder spezielle Geräte mit zusätzlichen Kosten verbunden sind, könnte selbst der Einsatz einfacher Lösungen wie Abstreifvorrichtungen bedeutende Erfolge bringen.
Prof. Dr. Steidle hebt hervor, dass eine nachhaltige Landwirtschaft im Einklang mit ökologischen Aspekten stehen muss, um die Artenvielfalt zu bewahren, ohne die Wirtschaftlichkeit der Betriebe zu gefährden. Diese Ansätze könnten nicht nur in der Landwirtschaft Anwendung finden, sondern auch in anderen Bereichen wie der Pflege von Straßenbegleitgrün, welches oft unterschätzt wird, jedoch ebenfalls einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten kann.
Letztlich zeigen die aktuellen Forschungsergebnisse, dass durch verantwortungsvolle Mähpraktiken und innovative Techniken der Verlust an Insekten und Spinnen im Grünland verringert werden kann. Dies ist ein notwendiger Schritt, um die Lebensräume dieser wichtigen Tiergruppen zu schützen und die Biodiversität in der Landwirtschaft zu fördern.