
Die Einhaltung der Pariser Klimaziele steht auf der Kippe, wenn die aktuellen Trends der menschengemachten Erwärmung unverändert fortbestehen. Das Pariser Abkommen, das von zahlreichen Staaten unterzeichnet wurde, hat sich zum Ziel gesetzt, die globale Temperaturerhöhung auf unter 2 Grad Celsius zu begrenzen und idealerweise 1,5 Grad Celsius nicht zu überschreiten. Überschreitungen dieser Grenzen könnten irreversible und katastrophale Auswirkungen auf das Klima nach sich ziehen, wie etwa das unkontrollierte Schmelzen von Eisschilden in Grönland und der Antarktis oder Veränderungen im Golfstrom, die zu drastischen Klimaveränderungen in Europa führen könnten.
Eine internationale Forschungsgruppe, angeführt von Physikern der Justus-Liebig-Universität Gießen und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, die auf rein datenbasierten Analysen beruht. Diese Studie schätzt die Wahrscheinlichkeit ein, mit der die festgelegten Temperaturgrenzen überschritten werden, wenn die anthropogene Erwärmung weiterhin linear ansteigt. Die Ergebnisse dieser statistischen Untersuchung wurden in der Fachzeitschrift „Communications Earth & Environment“ veröffentlicht.
Die globale Durchschnittstemperatur ist seit der industriellen Revolution erheblich gestiegen und hat in den letzten 55 Jahren nahezu linear zugenommen. Diese Erwärmung ist nicht nur auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen, sondern auch auf natürliche Klimaeffekte, die sich auf die Temperaturschwankungen auswirken. Die Erhaltungsneigung des Klimas führt dazu, dass auf Phasen extremer Wärme oder Kälte häufig ähnliche Bedingungen folgen, was die Analyse der Daten erleichtert.
Durch den Einsatz fortschrittlicher statistischer Methoden gelang es den Forschern, den Einfluss dieser natürlichen Erhaltungsneigung zu quantifizieren und auf dieser Basis Vorhersagen über die zukünftige Entwicklung der globalen Temperaturen zu treffen. Die Ergebnisse zeigen, dass die 1,5-Grad-Schwelle möglicherweise bereits in diesem Jahr mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 20 Prozent überschritten werden könnte. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Schwelle bis spätestens 2040 überschritten wird, liegt bei 80 Prozent. Für die 2-Grad-Schwelle wird ein Überschreiten bis 2047 mit 20 Prozent Wahrscheinlichkeit prognostiziert, wobei die Wahrscheinlichkeit bis 2069 auf 80 Prozent steigt.
Diese Ergebnisse sind besonders alarmierend, da sie mit den Vorhersagen von komplexen Erdsystemmodellen übereinstimmen, die auf einer ganz anderen Methodik basieren. Prof. Dr. Armin Bunde, einer der führenden Forscher, hebt hervor, dass die Übereinstimmung der beiden Ansätze die Validität der Prognosen stärkt. Er äußert jedoch auch Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit, die anthropogene Erwärmung unter 1,5 Grad Celsius zu halten. Dies erscheint unwahrscheinlich, es sei denn, die Weltgemeinschaft unternimmt umfassende und wirksame Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen.
Um die 2-Grad-Grenze eventuell noch zu wahren, wäre es notwendig, die Nutzung fossiler Brennstoffe drastisch zu reduzieren und die Flächen, die als Kohlendioxidspeicher (wie Wälder und Moore) dienen, erheblich zu vergrößern. Solche Maßnahmen erfordern jedoch ein koordiniertes globales Handeln, das gegenwärtig noch nicht in ausreichendem Maße erkennbar ist.
Zusammenfassend zeigt die Studie, dass wir uns in einer kritischen Phase befinden, in der die Wahrscheinlichkeit, die festgelegten Klimaziele zu erreichen, schnell abnimmt. Ohne sofortige und effektive Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimaerwärmung könnte die Welt schon bald vor unumkehrbaren klimatischen Veränderungen stehen, die weitreichende und möglicherweise katastrophale Folgen für Mensch und Natur haben könnten.