
Die kommunalen Finanzhaushalte in Deutschland stehen vor enormen Herausforderungen. Im Jahr 2024 wurde ein Rekorddefizit von etwa 25 Milliarden Euro verzeichnet, was die finanziellen Spielräume der Städte und Gemeinden stark einschränkt. Die Bertelsmann Stiftung hat in Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule Wildau und dem Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) verschiedene Möglichkeiten zur Verbesserung der kommunalen Finanzlage untersucht. Die Ergebnisse wurden im aktuellen „Kommunalen Finanzreport 2025“ zusammengefasst, der auf die besorgniserregende Situation der kommunalen Finanzen eingeht.
Die Finanzlage der deutschen Kommunen hat sich im vergangenen Jahr dramatisch verschlechtert. Stagnierende Steuereinnahmen aufgrund einer schwachen wirtschaftlichen Entwicklung stehen steigenden Ausgaben gegenüber, die insbesondere in Bereichen wie Personal, Sachaufwand und sozialen Dienstleistungen ansteigen. Diese Trends führen zu einer angespannten finanziellen Situation für die Kommunen, die über 50 Prozent der öffentlichen Investitionen tragen und eine Schlüsselrolle für den sozialen Zusammenhalt sowie die Daseinsvorsorge spielen. Dr. Henrik Scheller vom Difu betont die Dringlichkeit einer grundlegenden Reform des kommunalen Finanzsystems, um die Handlungsfähigkeit der Kommunen zu sichern.
Obwohl die kommunalen Investitionen im Jahr 2024 mit 52 Milliarden Euro einen Höchststand erreichten, wachsen die Investitionsrückstände weiter an. Die hohe Inflation, insbesondere im Bauwesen, erschwert es den Kommunen, notwendige Infrastrukturen zu schaffen und zu erhalten. Besonders auffällig ist die regionale Ungleichverteilung der Investitionen: Während die bayerischen Kommunen die höchsten Investitionen tätigen, fallen Regionen wie das Saarland, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen infrastrukturell zunehmend zurück.
Eine der größten Herausforderungen ist der bestehende Investitionsstau von rund 216 Milliarden Euro, der sich zusätzlich zu den hohen Defiziten in den kommunalen Haushalten entwickelt hat. Dr. Christian Raffer, Projektleiter am Difu, weist darauf hin, dass umfangreiche Investitionen in die Anpassung der kommunalen Infrastruktur an die Folgen des Klimawandels dringend erforderlich sind. Angesichts der prekären finanziellen Lage sind die Kommunen jedoch nicht in der Lage, diese Investitionen allein zu stemmen. Selbst das Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität kann nur einen Teil des Bedarfs abdecken.
Um den finanziellen Druck auf die Kommunen zu lindern, sind langfristige Finanzierungslösungen notwendig. Der Finanzreport diskutiert verschiedene Ansätze, darunter die Einrichtung eines gemeinsamen Sondervermögens von Bund und Ländern oder die Schaffung eines privat-öffentlichen Zukunfts- und Transformationsfonds. Diese Modelle könnten nicht nur dazu beitragen, höhere Summen öffentlicher Mittel bereitzustellen, sondern auch private Investitionen aktivieren.
Darüber hinaus wird die Möglichkeit einer neuen Gemeinschaftsaufgabe im Bereich Klimaschutz und Klimaanpassung erörtert. Diese Initiative könnte helfen, die dringend benötigten Mittel für kommunale Infrastrukturprojekte zu mobilisieren. Unabhängig von diesen neuen Finanzierungsmöglichkeiten bleibt jedoch die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen ein zentrales Problem, das es zu lösen gilt. Hierzu sind sowohl kurzfristige Finanzreformen als auch langfristige strukturelle Anpassungen erforderlich. Dazu zählen eine gerechte Anpassung der Steuerverteilung im föderalen System und eine Reform der Gewerbesteuer.
Die Notwendigkeit, die finanzielle Stabilität der Kommunen zu sichern und sie langfristig investitionsfähig zu machen, ist drängend. Dr. Christian Raffer hebt hervor, dass in den kommenden Jahren konkrete Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die finanziellen Rahmenbedingungen der Kommunen zu verbessern. Der Kommunale Finanzreport der Bertelsmann Stiftung, der seit 2008 alle zwei Jahre erscheint, bietet dazu wertvolle Einblicke und Lösungsansätze. Er basiert auf aktuellen amtlichen Finanzstatistiken und ist darauf ausgelegt, die Finanzlage der Kommunen im regionalen Vergleich darzustellen und Handlungsoptionen aufzuzeigen.
Insgesamt erfordert die aktuelle Situation ein Umdenken und entschlossene Schritte, um die kommunalen Finanzen nachhaltig zu stabilisieren. Nur so können die Städte und Gemeinden ihren wichtigen Aufgaben in der Daseinsvorsorge auch in Zukunft gerecht werden.